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Montag
15.06.2015

TV / Radio

Zufalls-Mehr-RTVG-Revision-Klein-Report

Mit ultra-hauchdünnen 50,08 Prozent ist die umstrittene Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) am Sonntag angenommen worden. Etwa 3700 Stimmen haben den Ausschlag gegeben.

Fast im Minutentakt meldeten sich danach die Profiteure der Umstellung, die vor allem den AZ Medien von Peter Wanner, der Somedia von Hanspeter Lebrument, der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) und der SRG selber deutlich mehr Geld in die Kassen spülen wird. Die SDA titelt gar etwas kühn: «Medienbranche erleichtert über knappes Ja zu neuem Gebührensystem». Bei einer Stimmbeteiligung von nur 43 Prozent sind 3700 Stimmen ein überdeutlicher Wink mit dem Zaunpfahl.

Dementsprechend schrieben alle Verbände etwas von «Erleichterung» und forderten wie die AZ Medien mit ihren konzessionierten TV-Sendern Tele M1 und TeleBärn auch gleich, dass «die Gebührenanteile wie vom Bundesamt für Kommunikation versprochen rasch möglichst angehoben werden».

Wie die SRG selber, die über die SDA ihre bezahlten Meldungen verbreitet, schwurbelten alle unisono, dass eine «Service-public-Debatte nötig und wichtig ist» (SRG). Die war schon nach dem Wechsel von Armin Walpen zu Generaldirektor Roger de Weck erwartet worden. Dieser klammerte das Thema einmal mehr ohne Marktgespür permanent aus, was nun fast ins Auge gegangen wäre.

Bei soviel arrogantem Ungeschick wird auch dem Klein Report bange, wenn man bedenkt, dass 2017 der zehnjährige Leistungsauftrag der SRG endet. Ein solider und vom zahlenden Volk und der Wirtschaft gut abgestützter Service public sieht anders aus.

Die SRG weist in ihrer Stellungnahme richtigerweise auf die unterschiedliche Zustimmung zur RTVG-Revision, die sich je nach Region stark unterscheidet. Die Romandie sagte deutlich Ja. Nur im zweisprachigen Kanton Wallis wurde die Revision mit 54 Prozent abgelehnt. Das Gebiet von Verleger Hanspeter Lebrument, der Kanton Graubünden, sagte knapp Ja mit 51 Prozent der Stimmen, mit gleicher Stimmenzahl ebenso Basel-Stadt. Alle anderen Kantone in der Deutschschweiz waren dagegen, mehrheitlich auch das Tessin.

Deshalb erinnerte die SRG an ihren gesetzlichen Kernauftrag, der bleibe, nämlich «die gesamte Bevölkerung inhaltlich umfassend mit gleichwertigen Radio- und Fernsehprogrammen in den drei Amtssprachen» zu bedienen und für die Rätoromanen ein Angebot bereitzustellen (Artikel 24 RTVG). Dabei haben Radio und Fernsehen «zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung» beizutragen (Artikel 93 Bundesverfassung).

Axel Wüstmann, CEO der AZ Medien, sieht im äusserst hohen Anteil an Nein-Stimmen (49,92%), wie es in der AZ-Verlagsmitteilung heisst, gar den «Ausdruck für ein tiefes Misstrauen gegenüber der SRG und ihrer Expansionsstrategie (vor allem in der Deutschschweiz)». Die Politik sei nun angehalten, «die Marktmacht der SRG einzugrenzen und mit einer neuen Medienordnung auf das bisherige unbegrenzte Wachstum der SRG zu reagieren», heisst es aus dem Haus des auch schon als Limmat-Berlusconi betitelten Verlegers Wanner.

Das sieht auch der Gewerbeverband (SGV) so, die Dachorganisation der Schweizer KMUs. Der Wirtschaftsverband hat sich vehement und mit einer mehr als plakativen «Medien-Steuer»-Kampagne gegen die Revision in der vorgeschlagenen Form gestellt. «Der SGV fordert, dass noch in diesem Jahr eine breite und fundierte Diskussion über den Leistungsauftrag des Service public lanciert wird. Diese darf nicht nur alibimässig in einer Expertengruppe abgehandelt werden. Vielmehr braucht es einen Einbezug einer breiten Öffentlichkeit.»

Die Definition des Service public, der alle vier Landessprachen umfasse, dürfe nicht einseitig auf die bestehenden Strukturen der SRG ausgerichtet werden. «Vielmehr muss der künftige Leistungsauftrag der SRG angesichts des Digitalisierungsumbruchs die Medienvielfalt stärken», fordert der Verband. Ein gesunder Wettbewerb unter den verschiedenen Anbietern dürfe nicht durch ein staatliches Monopol abgewürgt werden. «Die Leistungen der privaten Radio- und Fernsehstationen, der Printmedien und des Online-Journalismus sind deshalb gleichberechtigt in die Definition des Leistungsauftrages einzubeziehen.»

Und auch der Verband Schweizer Privatradios (VSP) und der Verband der Radios Régionales Romandes (RRR) nahmen mit Befriedigung zur Kenntnis, «dass die Vorteile des neuen Radio- und TV- Gesetzes die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit einem äusserst knappen Resultat überzeugt haben». Deren Präsident Jürg Bachmann hat je nach Situation ein anderes Lobby-Hütchen auf. Im Berufsalltag weibelt Bachmann für die von der SRG so verhasste Vermarktungsfirma Goldbach Group. Wie bei der Somedia, um CEO Andrea Masüger und Hanspeter Lebrument, ist man hier allenthalben ziemlich schmerzfrei in der Steuerung der Geldflüsse.

So meldet sich Lebrument als Präsident des Verlegerverbandes am Ende auch noch: «Der Verband Schweizer Medien befürwortet einen allgemein finanzierten Service public. Dieser hat insbesondere für gleichwertige Angebote in allen drei Sprachen zu sorgen.» Er müsse aber dort klar begrenzt werden, wo die Angebote von Privaten erbracht werden können. Das sei im linearen Fernsehen und im Internet der Fall, «wo die SRG sich auf Kosten der Privaten immer stärker ausbreitet sowie bei der unnötigen Werbefinanzierung der SRG», so der Verband.