Sein Lächeln erinnert an den ewigen Lausbuben. Seine rotbackige Unnachgiebigkeit hat etwas Missionarisches. Am 21. März wird Roger Köppel 60. Eine Annäherung der Redaktion des Klein Reports mit angezogener Handbremse.
Als Roger Köppel die Bühne des nationalen Journalismus' betrat, tat er dies als hochmotivierter Novize, der seiner Jugendpassion nachging. Für die «Neue Zürcher Zeitung» rapportierte er aus den Schweizer Eishockey-Stadien – am liebsten aus dem Hangar seines Lieblingsklubs EHC Kloten.
Weil Köppel aber schon damals ein ausgesprochenes Flair für den schöngeistig-penetranten Exkurs hatte, hob er sich immer von den profanen 1:0-Berichterstattern ab. Auch deshalb verdiente er sich am Schluefweg in Kloten den Übernamen «Platon».
Köppel war in seiner Spätjugend ein Klassenkämpfer und Rebell. Zwar praktizierte er bei den Zürcher Red Sox das noble Spiel des Landhockeys, doch in seiner Jugend zog es ihn eher ins linkspolitische Couloir als an den rechten Flügel. Das war vor vier Jahrzehnten.
Später legte er den Landhockeystock ab – und verdiente sich Respekt und wachsende Saläre durch seine virtuose Schreibkraft. Nur wenige drücken sich präziser, pointierter und unverblümter aus als Köppel.
Nach Lehr- und Wanderjahren in Zürich West und Deutschland fand er seine Berufung bei der «Weltwoche». Dort kreierte er sein persönliches Geschäftsmodell: Die andere Sicht! Was die meisten Medien unterdrückten, sprach Köppel gnadenlos an. Und er legte Wert darauf, dass er allen eine Stimme gibt. Peter Bodenmann, Ikone der Schweizer Linken, beschäftigt er seit Jahren als Kolumnisten.
Und Köppel ist schlau, so schlau, dass er - frei nach dem Credo: «Das Lächeln ist die effektivste Form seinen Gegnern die Zähne zu zeigen» - potenzielle Gegner zu Verbündeten macht.
Bestes Beispiel ist der (angeblich) erzlinke Laptop-Poet Daniel Ryser. Der ehemalige Woz-Schreiber veröffentlichte über Köppel eine Biographie mit dem Titel «In Badehosen nach Stalingrad». Das war vor sieben Jahren. Aus heutiger Sicht wirkt der Titel wie eine Persiflage auf Köppels neue Rolle – als Überbringer der antieuropäischen Botschaft der deutschen Rechtsparteien mit Standleitung in den Kreml.
Detail am Rande: Ryser befindet sich heute auf der Payroll der «Weltwoche».
Doch zurück zum Hauptdarsteller: Auf dem Höhepunkt seines Schaffens gehörte Roger Köppel zu den schrillsten Stimmen im Schweizer Parlament – obwohl er oft fehlte. Lange vor Corona hatte er das politische Homeoffice kultiviert. Schliesslich besitzt er mit der «Weltwoche» eine Plattform, die besser ist als jede Session.
Und Köppel beherrscht die politische Slalomfahrt auf allen Ebenen. 2015 beförderte er den gefallenen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter zum «Schweizer des Jahres». Sieben Jahre später liess er sich vom neuen Fussball-Obmann Gianni Infantino an die WM nach Katar einladen.
Von diesem Zickzackkurs bleibt allerdings auch die «Weltwoche» nicht unberührt. Die Strahlkraft des einst freisinnigen Blattes hat gelitten – zu sehr mutierte es während des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zum radikalen Kampforgan der Missverstandenen.
Ist von Mainstream-Medien die Rede, sind die Verschwörungstheoretiker schon da. Es ist diese Kundschaft, die Köppel mehr schadet, als er es sich je zugestehen würde. Während er selber witzig, ironisch und durchaus selbstkritisch argumentiert, sind seine Jünger mit dem Zweihänder unterwegs – und ihre Argumentation beschränkt sich in der Regel auf einen Mausclick in den Kommentarspalten von «Weltwochen Daily».
Roger Köppel ist zweifellos einer der talentiertesten Schweizer Journalisten. Doch in Zeiten des Inseratenschwunds und der sinkenden Werbeeinnahmen ist er zum Altenpfleger im Sinne des pekuniären Überlebenskampfs geworden. Die «Weltwoche» gibt heute vor allem jenen eine Stimme, die aus der Komfortzone der finanziellen Unabhängigkeit argumentieren und auch bereit sind, für einen medialen Auftritt zu bezahlen.
Das alles hat mit journalistischer Glaubwürdigkeit, Meinungsvielfalt und freien Gedanken nicht mehr allzu viel zu tun.
Trotzdem wünschen wir Roger Köppel zum Geburtstag alles Gute! Ad multos annos!
Oder wie es Platon gesagt hätte: «Lerne zuhören, und du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die nur dummes Zeug reden».