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Donnerstag
09.03.2023

Medien / Publizistik

Am internationalen Tag der Frau ist es wieder einmal Zeit, sich Gedanken über die Rolle der Frau in der Gesellschaft und den Medien im Speziellen zu machen.

Noch verdienen auch hierzulande sicher die meisten Frauen weniger als Männer, auch wenn sie an der Spitze einer Redaktion stehen.

In einem Kommentar nimmt der Klein Report mit Steffi Buchli und Raphaela Birrer zwei führende Medien-Frauen der Schweiz als Beispiel und versucht zu ergründen, was sie ganz nach oben gebracht hat und ob diese Chefinnen-Stellung auch tatsächlich gerechtfertigt ist.

Mit einem Paukenschlag klettert Steffi Buchli am Mittwoch, am Tag der Frau, noch eine Stufe der Karriereleiter nach oben. Nachdem Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, unfreiwillig in eine sechsmonatige Auszeit verabschiedet wurde, übernehmen Steffi Buchli, Chefredaktorin «Blick Sport», und Andreas Dietrich, Chefredaktor «Blick», die publizistische Verantwortung, wie Ringier bekannt gab.

Steffi Buchli, die das Rampenlicht gesucht und gefunden hat, wird sich die Hände reiben. Endlich ist sie da, wo sie schon immer hinwollte. Ganz nach oben. Und da gehört sie auch hin, so Insider.

Buchli gehört zu den besten (Sport)-Journalistinnen des Landes. Fachlich top, im Umgang angenehm und frei von Allüren, so ihre Kolleginnen und Kollegen auf der «Blick»-Redaktion. 

Und so ist es tatsächlich schwierig, ein Haar in der Suppe zu finden. Der Klein Report hat aber doch eines gefunden: Dass sie sich gelegentlich um Kopf und Kragen redet, wie sich in der Diskussion rund um das Interview mit Fussball-Gott Erling Haaland gezeigt hat.

Die Sportchefin wurde für ihr Gespräch mit Haaland zu dessen Partnerschaft mit Breitling zu Recht kritisiert. Und zu ihrem Kommentar nahm Buchli wie folgt Stellung: «Vorweg: Für redaktionelle Beiträge fliesst nie Geld, nicht im Sport und auch sonst in keinen anderen Ressorts.»

Buchlis Äusserung ist gut gemeint, aber leider auch etwas naiv. Und deshalb lachten nicht nur ihre «Blick»-Gspänli darüber.

Denn es gab durchaus auch bei Ringier Zeiten, als man für ein Interview mit einem Promi gutes Geld zahlen musste. Legendär sind die 8000 Franken, die das Berner Ex-Bondgirl Ursula Andress früher für ihre Interviews verlangte und auch bekam. Der langjährige SI-Chef Peter Rothenbühler wird das bestätigen. Und auch Pirmin Zurbriggen liess sich einen Helikopterflug von Saas Almagell nach Zermatt von Ringier bezahlen, ohne rot zu werden.

Am Tag der Frau hat Steffi Buchli wie erwartet einen Kommentar zum Thema Quotenfrau geschrieben. «Wir brauchen mehr Frauen, mehr gute Frauen», so die Sportchefin, «ich würde sogar so weit gehen zu sagen: lieber keine Frau als eine Quotenfrau.»

Das ist mutig, aber auch souverän. Und Buchli wäre nicht Buchli, wenn sie die Plattform nicht nutzen würde, um sich und ihren Arbeitgeber zu rügen: Die Frauenquote vom «Blick» Sport «ist miserabel», so die Sportchefin weiter. «Von 57 Personen, die in unserem Newsroom arbeiten, sind nur gerade 15 Prozent weiblich. Eine gute Ausrede habe ich nicht. Es gibt nämlich keine. Es ist lausig und nicht genug», so Buchli abschliessend.

Jetzt liegt der Ball bei ihr. Wer sich so exponiert, muss auch handeln.

Zum Handeln gezwungen sah sich kürzlich auch die TX Group, als sie «Tagi»-Chefredaktor Arthur Rutishauser degradierte und stattdessen mit Raphaela Birrer eine neue Chefredaktorin aus dem Hut zauberte. Ganz nach dem Motto: Schaut her, wir haben nichts gegen Frauen und sie sollen es bei uns auch bis ganz nach oben schaffen.

Das hat Raphaela Birrer nicht verdient. Wäre sie auch ohne den Skandal rund um die verbalen Verfehlungen von Ex-«Magazin»-Chef Finn Canonica zur Chefredaktorin ernannt worden? Wahrscheinlich nicht.

Und so muss man sie, auch wenn sie das gar nicht verdient, zu einer Quotenfrau machen. Aber das hat sie eigentlich nicht verdient. Birrer muss nicht nur die aufgewühlte Stimmung auf der Redaktion beruhigen, sie muss auch beweisen, dass sie die richtige Frau an der Spitze des «Tagi» ist.

Fachlich, so sind die Expertinnen und Experten einig, ist an Birrers Ernennung nichts auszusetzen. Die Journalistin leitete seit 2019 das Inland-Ressort der Mantelredaktion. Zuvor war sie Bundeshauskorrespondentin und Inlandredaktorin beim «Tages-Anzeiger» sowie Redaktorin bei Newsnet.

Es ist nun an Raphaela Birrer zu zeigen, dass unter ihrer Leitung männliche Arroganz und Ignoranz der Vergangenheit angehören.

Der Klein Report beneidet sie nicht um diese Herkulesaufgabe.