Der Zürcher Medienkonzern ist nach der Einstellung der Print-Ausgabe von «Le Matin» im Arbeitsstreit mit den Westschweizer Redaktionen keinen Schritt weiter. Personal und Gewerkschaften sind brüskiert, dass es so lange dauert. Sie fordern sofortige Verhandlungen über eine Liste mit sieben konkreten Eckpunkten.
«Tamedia hat einfach den Stecker gezogen»: So fasst Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin der Gewerkschaft Syndicom, am Donnerstag den Stand der Gespräche für den Klein Report zusammen.
Nachdem sich die Parteien Anfang Juli darauf geeinigt hatten, unter der Obhut der Kantonsregierungen von Waadt und Genf eine Mediation durchzuführen, verabschiedete sich das Medienunternehmen nach vier Sitzungen in die Sommerferien. Das «Experiment Mediation» wurde einseitig für gescheitert erklärt.
Die Waadtländer Kantonsregierung zeigte sich «konsterniert» über dieses Vorgehen: «Das zeigt auch, dass Tamedia in die Verhandlungen gegangen ist ohne die Bereitschaft, eine alternative Lösung zur ursprünglichen Strategie des Unternehmens zu erarbeiten», erklärte Regierungspräsidentin Nuria Gorrite. Sie hatte die Mediation zusammen mit Wirtschaftsdirektor Philippe Leuba geleitet.
Auch Personal und Gewerkschaft fühlen sich vor den Kopf gestossen: Wie Stephanie Vonarburg gegenüber dem Klein Report sagt, habe es seither keine weiteren Gespräche mehr gegeben. «Es gibt auch überhaupt keinen Fahrplan, wie es weitergeht», erklärt eine Gewerkschafterin, die auf weitere Verhandlungen drängt: «Die Kündigungsfristen der Mitarbeiter, die bereits freigestellt wurden, laufen. Sie sind deshalb auf eine schnelle Lösung angewiesen.»
Konkret verlangen die Redaktionen von «Le Matin», «24 heures», «Tribune de Genève» und «Le Matin Dimanche» bis am 3. September konkrete Fortschritte. Wird diese Deadline von Tamedia nicht eingehalten, diskutiert das Personal, was mit der Sistierung des Streiks passiert. Es wäre deshalb möglich, dass die Journalisten erneut ihre Arbeit niederlegen – so wie Anfang Juli, also vor der Mediation.
Damit es nicht soweit kommt, müsste die Tamedia-Führung den Dialog über sieben Forderungen aufnehmen, die von den Westschweizer Redaktionen zusammen mit Syndicom und Impressum ausgearbeitet wurden. Die Kündigungsfristen sollen während den Verhandlungen über den Sozialplan sistiert werden, lautet ein wichtiger Punkt.
Daneben wird Verleger Pietro Supino unter anderem aufgefordert, massiv in die Titel in der Romandie zu investieren und zusätzliche Stellen bei lematin.ch zu besetzen. In den kommenden zwei Jahren soll auf erneute Restrukturierungen verzichtet werden. «So könnte die Belegschaft endlich zur Ruhe kommen», begründet Vonarburg die Forderung.
Derweil ärgert man sich auf Seiten von Gewerkschaft und Personal bereits über einen weiteren Sololauf der Tamedia: «Vielen Streikenden wurde mit der Lohnabrechnung vom August das Salär für zwei Streiktage abgezogen», sagt Vonarburg gegenüber dem Klein Report. So habe Tamedia erneut einen möglichen Punkt der Verhandlungen einseitig vorweggenommen.