Drei Jahrzehnte lang prägte Harald Amschler unter anderem als Forschungsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung das Wohl und Wehe der Wemf AG für Werbemedienforschung.
«Mir fällt der Austritt aus der Wemf nach 33 Jahren leicht, da ich ein grundsolides Unternehmen mit einer super CEO verlassen kann und ich dem Wemf-Team zutraue, auch weiterhin die Herausforderungen zu meistern», sagte Harald Amschler am Dienstag im Gespräch mit dem Klein Report.
33 Jahre – das ist ein halbes Leben. Bevor Amschler Anfang 1990 zur Wemf stiess, war gerade sein zweiter Sohn auf die Welt gekommen. «Wir brauchten eine grösser Wohnung und somit auch ein grösseres Einkommen, als ich damals an der Universität Zürich als Assistent hatte», erinnert er sich heute.
Die Wemf habe zu dieser Zeit einen Projektleiter mit sozialwissenschaftlichem Know-how für ihre Medienstudien gesucht. Das war ein perfect match. «Ich bewarb mich und sie nahmen mich.»
Angesprochen auf seine beruflichen Highlights nennt Harald Amschler die Konzipierung und Einführung der neuen Generationen der MACH-Studien 1999 und 2013.
Amschler war 1998 zum Forschungsleiter aufgerückt, eine Funktion, die er bis 2020 innehatte, bevor er auf seine letzten Berufsjahre hin noch Stv. Geschäftsführer wurde.
«Bei der MACH 2 (2000 – 2012) stand die Umstellung der Titelreichweitenmessung vom sogenannten normativen K1-Konzept auf das faktische und international verwendete LpA- beziehungsweise cRR-Konzept im Fokus», erklärt Amschler.
«Bei der MACH 3 (2013 – 2020) war die Umstellung der Datenerhebung von rein telefonischen Interviews auf eine doppelspurige Erhebung mit Telefoninterviews mit Zeigematerial und Online-Interviews (Dual Mode-Erhebung) auch international wegweisend.»
Seit 1998 ist Harald Amschler auch Mitglied der Wemf-Geschäftsleitung. Hier erinnert er sich nach Highlights gefragt als Erstes an die Zurückholung des Schweizerischen Werbe-Auftraggeberverbands (SWA) im Jahr 2011 und von Leading Swiss Agencies (LSA) im Jahr 2020 ins Aktionariat der Wemf.
«Damit wurde die Wemf wieder ein klassisches Joint Industry Committee. Die gemeinsame Vertretung der Medienhäuser (VSM), Agenturen (LSA) und Werbetreibenden (SWA) stärkt die Neutralität und Glaubwürdigkeit der Wemf-Studien und Wemf-Statistiken.»
Und natürlich das Grounding des Swiss Media Data Hubs. Das Scheitern des Joint-Venture-Projekts mit Mediapulse 2018/19 ist für Amschler das Lowlight in seinem Berufsleben.
Im Rückblick ist man immer klüger. «Ich würde den Start eines solchen Projekts abhängig davon machen, ob die gesamte Branche beziehungsweise deren relevante Teile wirklich hinter dem Projekt stehen und die Schlüsselakteure bereit sind, das Projekt politisch und finanziell nachhaltig mitzutragen», sagt Amschler auf die Frage, was er heute in puncto Swiss Media Data Hub anders machen würde.
«Nicht nur als Präsident von i-jic (The International Association of Joint Industry Committees for Media Research) habe ich mich mein ganzes berufliches Leben für Kooperationen auf dem Gebiet der Publikumsforschung eingesetzt. Ich bin der Überzeugung, dass in der Regel 1 plus 1 mehr als 2 ist.»
Und das hat spürbare Folgen. «Von fehlenden Kooperationen zwischen JICs profitieren letztendlich nur die GAFAs und die internationalen Marktforschungskonzerne – zum Nachteil der einzelnen JICs und der nationalen Werbe- und Nutzermärkte», ist der langjährige Wemf-Forschungsleiter, der nun seinen wohlverdienten Ruhestand antritt, überzeugt.
Ganz so ruhig wird Harald Amschlers Leben allerdings auch nach dem 30. April nicht werden. «Ich werde weiterhin am Institut für Kommunikationswissenschaften und Medienforschung (IKMZ) der Universität Zürich als Lehrbeauftragter für den Bereich Publikumsforschung unterrichten», verrät er dem Klein Report.
Und doch freut sich Amschler, ab Mai nun endlich mehr Zeit für sein Hobby «Erforschung und Dokumentation von Grenzzeichen, Lost Places und Graffiti» zu haben.
«Ich werde ausserdem öfter und länger in Portugal, der Heimat meiner Frau, sein.»