Seit dem 9. April sind die neuen Leserschafts-Zahlen der Wemf AG für Werbemedienforschung bekannt. Die «MACH Total Audience» kombiniert Presse- und Onlinereichweiten von Medienmarken.
Der Klein Report sprach mit Finn Stein, Director of Research and Development bei der Wemf, über den kriselnden Lesermarkt, die Potenziale in der Kombi aus Print und Online und die neue Grundgesamtheit.
Nach Wemf-Angaben gewinnen «Newsbrands signifikant an Reichweite, wenn sie ihre Inhalte sowohl in gedruckter Form als auch online präsentieren». Kann man daraus ableiten, dass es der Branche gut geht?
Finn Stein: «Die Aussage betrifft die relativ geringen Überschneidungen zwischen der Nutzung des Print- und des Onlineangebots der erhobenen Medienmarken. Aus der Studie wird ersichtlich, dass über die erhobenen Titel hinweg sowohl Print- als auch Onlineangebote wichtige Bestandteile der Markenreichweite bilden und mit den jeweiligen Angeboten unterschiedliche Zielpublika erreicht werden. Sowohl Print- als auch Onlineangebote sind also bedeutende Träger der ausgewerteten Medienmarken.»
Gemäss den ausgewiesenen Tageszeitungen erhöhte sich durch die Mitberücksichtigung des Onlineangebots die Reichweite durchschnittlich um 59 Prozent. Bei den entsprechenden Onlineangebote erhöhte sich umgekehrt die Markenreichweite durch die Hinzunahme der Printangebote im Schnitt um 125 Prozent. Was bedeutet das?
Stein: «Die ausgewiesenen Reichweitengewinne bedeuten, dass bei den erhobenen Medienmarken von Tages- und Sonntagszeitungen zum einen im Durchschnitt sowohl das Online- als auch das Printangebot einen bedeutenden Anteil der Nettomarkenreichweite beisteuert. Zum anderen im Durchschnitt das Printangebot noch mehr zur Nettomarkenreichweite beiträgt als das Onlineangebot. Interessant ist, dass das Verhältnis von Print und Online nicht bei allen Medienmarken mit diesem Durchschnitt vergleichbar ist. So ist beispielsweise für regionale Newsbrands die Reichweite von Print oft höher als für Onlineangebote. Bei den nationalen Newsbrands spielt dagegen Online eine sehr grosse Rolle.»
Wie hat sich die crossmediale Nutzung der Medienmarken verändert?
Finn Stein: «Im Vergleich zur Vorpublikation sehen wir stabile Werte. Es zeigt sich lediglich, dass die Bedeutung des Onlinekanals für die teilnehmenden Medienbrands leicht zunimmt.»
Wie stark hat sich die Grundgesamtheit seit der Anpassung 2023 gegenüber den vorhergehenden Studien-Wellen verändert?
Stein: «Die MACH-Grundgesamtheit wurde im Herbst 2023 angepasst, um sie mit den anderen Schweizer Medienstudien vergleichbarer zu machen. Durch diese einmalige methodische Anpassung wuchs die Grundgesamtheit für einmal um knapp 7 Porzent. Die jetzt vorliegende Publikation 2024-1 ist die zweite Publikation mit der angepassten Grundgesamtheitsdefinition. Weitere Anpassungen haben seither nicht stattgefunden. Das heisst, dass die Projektionswerte, also die Leserschaften in Tausend, wieder mit der Herbstpublikation 2023-2 direkt vergleichbar sind. Vorher wurde die Grundgesamtheit auch immer dem Bevölkerungswachstum angepasst, das hat aber jeweils pro Jahr nur etwa ein halbes Prozent ausgemacht. Dieses ‚Nachfahren‘ entlang des Bevölkerungswachstums werden wir entsprechend weiterhin in Zukunft haben, sodass sich die Grundgesamtheit immer ein klein wenig verändert.»
Wieviel ist das in absoluten Zahlen?
Finn Stein: «Durch die einmalige Anpassung im Herbst 2023 wuchs die Grundgesamtheit für einmal um 471‘000 Personen. Ansonsten wuchs die Bevölkerungszahl in den letzten Jahren eher circa 30‘000 bis 60‘000 pro Jahr.»
Die Reichweite der Print-Titel ist teilweise erneut gesunken. Seit dem Abwärtstrend übernimmt die Wemf seit ein paar Jahren die restriktive Informationspolitik der Verleger. Weshalb ist das so?
Stein: «Die Wemf stellt jeweils halbjährlich direkt am Publikationstag der MACH Basic und der MACH Total Audience die Daten zu den teilnehmenden Titeln öffentlich zur Verfügung. Jegliche Nachfragen werden transparent und zeitnah beantwortet.»
Dadurch sinkt das Interesse an den Print-Medien weiter. Praktisch kein Medium schreibt mehr eigene Texte über die Branche, ausser leicht einseitige Jubeltexte über das eigene Haus. Wem nützt die Stille?
Finn Stein: «Annahmen zur Anzahl und Art der Berichterstattung über die gesamte Branche in den Medien können wir nicht treffen. Wir sehen jedoch, dass insbesondere nach den halbjährlichen Publikationen die Zahlen der Wemf regelmässig in den Medien besprochen werden.»
Die einzige Nachrichtenagentur der Schweiz, Keystone-SDA, veröffentlicht einen Text zu den Wemf-Zahlen, der dann gesamtschweizerisch von den Redaktionen unisono abgedruckt wird. Ist das im Sinne der Wemf, die ja das Interesse und die Aufmerksamkeit auf ihr Tun und das der Branche fördern möchte?
Stein: «Pro Publikation werden die Wemf-Zahlen circa 35-mal in verschiedenen Medientiteln erwähnt und auch unterschiedlich aufbereitet. Für uns ist es darüber hinaus besonders zentral, dass der Schweizer Medien- und Werbemarkt im Alltag mit den Daten der Wemf arbeitet. In unserem Analysetool NEXT>LEVEL beobachten wir seit den letzten zwei Jahren steigende Nutzungszahlen. Im Jahr 2023 wurde beispielsweise rund 23‘000-mal auf die Daten der Studien MACH Basic, MACH Consumer und MACH Values zugegriffen. Dies bestätigt die Relevanz unserer Daten für die Branche.»