Die Postauto-Affäre hat am Mittwoch im Nationalrat für hitzige Debatten gesorgt. Die unrechtmässig verbuchten Gewinne veranlassten vor allem die bürgerliche Seite zu drastischen Privatisierungsvoten. Verkehrsministerin Doris Leuthard konnte aufgrund der laufenden Untersuchungen erst wenig Auskunft zu den zahlreichen Fragen geben.
Aus allen sieben Bundeshausfraktionen kamen Wortmeldungen: Nationalräte und Nationalrätinnen von SVP, SP, FDP, CVP, Grüne, BDP und Grünliberale wollten sich zu den aufgedeckten Tricksereien bei den Postauto-Buchungen äussern. Einige verlangten mit ihren Voten Korrekturen und Aufklärungen, aber die Debatte war auch von Vorwürfen gegen das vorherrschende Service-public-System geprägt.
Gleich zu Beginn liess SP-Nationalrat Thomas Hardegger verlauten: «Der Postauto-Skandal zeigt fatale Mängel in der Wahrnehmung der Eignerpflichten.» Für ihn zeigen die ersten Erkenntnisse, dass es «Korrekturen» brauche, die «alle Konzernteile» umfassen.
Harsche Kritik an den «betrügerischen Gewinnverschiebungen» übte Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei: «Bei solchen Vorwürfen denkt man an korrupte Eliten in Drittweltländern.» Auch SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner bediente sich einer klaren Sprache: «Es gibt Quersubventionen in dieser maroden Unternehmung, dass einem das Liegen wehtut», sagte er über die mitinvolvierte Postauto-Tochter CarPostal France.
Dazu meldete sich Bundesrätin und Verkehrsministerin Doris Leuthard: «Ob allenfalls Gelder aus den Fehlbuchungen von Postauto Schweiz nach Frankreich geflossen sind, ist Gegenstand der laufenden Untersuchungen.» Leuthard zeigte sich aber auch einsichtig und räumte ein, dass das Bestellsystem im regionalen Personenverkehr revisionsbedürftig sei.
Doch die Rufe nach mehr Wirtschaft und weniger Staat waren im Nationalrat auch präsent: Thierry Burkart von der Aargauer FDP ortete beim Postauto-Skandal ein tiefer liegendes Problem, nämlich die «von der Politik mitverschuldeten Interessen- und Zielkonflikte der staatsnahen Unternehmen».
Weiter forderte Burkart eine «klare Trennung» von Service-public-Bereichen und im Wettbewerb stehenden Geschäftsfeldern. Schliesslich dürften «Abspaltungen und Privatisierungen kein Tabu sein».
Tatsächlich bestünden gewisse Wettbewerbsverzerrungen bei staatlicher Unternehmenstätigkeit, stellte Verkehrsministerin Leuthard daraufhin fest, die sich dabei auf einen bundesrätlichen Bericht von letztem Dezember berief. Voraussetzung, um diese Verzerrungen radikal zu beseitigen, wäre die vollständige Privatisierung von Staatsunternehmen. Allerdings hätte eine solche Massnahme «den Verlust der direkten Kontrolle der öffentlichen Hand» zur Folge, so Leuthard.
Auch Forderungen auf Seiten der Linken, welche die Löhne und Boni der Kader in Service-public-Unternehmen betreffen, wies die Bundesrätin zurück: «Es sind Fehler, Manipulationen passiert. Das ist eine Schweinerei. Das darf nicht sein. Aber das hat nichts mit der Bonuspolitik betreffend den Chef des Unternehmens zu tun.»