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Mittwoch
01.11.2023

Medien / Publizistik

Geheimakte Credit Suisse-Übernahme: Medienschaffende blitzten mit ihren Anfragen zur Bankenrettung reihenweise ab...     (Bild zVg)

Geheimakte Credit Suisse-Übernahme: Medienschaffende blitzten mit ihren Anfragen zur Bankenrettung reihenweise ab... (Bild zVg)

Wirklich schwer fiel die Wahl in diesem Jahr nicht: Weil der Bundesrat die Hintergründe rund um die Mega-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zur Geheimsache erklärte, hat investigativ.ch der federführenden Finanzministerin Karin Keller-Sutter den Goldenen Bremsklotz verliehen.

Die über 350 Mitglieder der Vereinigung des Recherche-Netzwerks haben gewählt: Sie konnten zwischen den drei Nominierten (Migros, Zürcher Regierungsrat Mario Fehr sowie Bundesrätin Karin Keller-Sutter) den grössten Informationsverhinderer 2023 küren. Die Wahl fiel eindeutig auf Finanzministerin Keller-Sutter.

Der Grund ist so schlicht wie skandalös, findet der Klein Report: Obwohl die Öffentlichkeit beim Zusammenbruch der Credit Suisse und der anschliessenden Übernahme durch die UBS mit 209 Milliarden Franken haftete, wird ihr der Zugang zu relevanten Informationen verwehrt.

Der Bundesrat – und mit ihm an erster Stelle die dossierverantwortliche Finanzministerin Karin Keller-Sutter – hat gestützt auf eine Notverordnung gehandelt und viele Aspekte des Falls zur Geheimsache erklärt. Informationen, vor allem bezüglich Liquiditätshilfen und Ausfallgarantien, werden geheim gehalten. Medienschaffende blitzten mit ihren Anfragen zum Krisenfall reihenweise ab.

«Dieses Vorgehen ist staatspolitisch bedenklich. In dieser Krise wäre maximale Transparenz erforderlich gewesen. Es ist unverständlich, weil das Öffentlichkeitsgesetz ausreichende Schutzmechanismen auch für diese ausserordentliche Situation geboten hätte», sagte Marc Meschenmoser, Co-Präsident von investigativ.ch, an der Feier am Dienstagabend im Restaurant Certo ohne die FDP-Bundesrätin.

«Eine solche Geheimhaltungspolitik gefährdet das Vertrauen in die Regierung, insbesondere in einer Zeit, in der Vertrauen eine Schlüsselrolle spielt», warnte der Investigativjournalist.

Der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes (Edöb) und die Staatspolitische Kommission des Nationalrats kritisieren die mangelnde Transparenz und sehen keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Öffentlichkeitsgesetzes. Auch Rechtsexperten fordern die Offenlegung relevanter Unterlagen. 

Die Regierung verteidigt die Geheimhaltung indessen mit der Sensibilität der Geschäftsinformationen und dem Risiko für den Rettungsdeal. Es laufen derzeit mehrere Schlichtungsverfahren beim Edöb.

«Wir prangern die mangelnde Transparenz beim Bundesrat an und bedauern, dass die Finanzministerin Karin Keller-Sutter sich nicht bereiterklärte, den Bremsklotz persönlich entgegenzunehmen und sich unseren Fragen zu stellen», sagte Marc Meschenmoser anlässlich der Preisverleihung am Dienstagabend in Zürich. 

Das Finanzdepartement verzichtete auf eine Stellungnahme und wies lediglich darauf hin, dass die von investigativ.ch kritisierten Entscheide vom Gesamtbundesrat gefällt worden seien.

Seit 2014 verleiht das Recherche-Netzwerk investigativer Journalistinnen und Journalisten jedes Jahr einen Goldenen Bremsklotz als Schmähpreis an die grössten Informationsverhinderer.

Auch dieses Jahr hatte der Vorstand von investigativ.ch aus zahlreichen Vorschlägen drei Spitzenkandidaten ausgewählt. Auf die Shortlist geschafft haben es neben Karin Keller-Sutter auch der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr sowie die Migros.