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Donnerstag
31.08.2017

Medien / Publizistik

«65% des Ebitda bereits aus Digitalgeschäft»

«65% des Ebitda bereits aus Digitalgeschäft»

Geht es nach Ringier-CEO Marc Walder (52), steuert der klassische Journalismus einer dunklen Zukunft entgegen. In fünf Jahren werde Ringier deshalb 80 Prozent des operativen Gewinns mit digitalen Modellen erwirtschaften, prophezeit er in einem Interview mit dem «Handelsblatt» vom Mittwoch.

Nach der Zukunft der europäischen Verlagsbranche gefragt, antwortet der ehemalige Journalist bildhaft in die Zukunft blickend ganz im Stile des Astrologen Nostradamus: «Es wird in Europa - und auch in den USA - in den nächsten Jahren noch einmal eine heftige Konsolidierungsphase kommen. Es wird blutig werden.»

So würden sich kleine Verlage in die Arme von grösseren retten, mehr Mäzene auftreten, einige Zeitungen nur noch jeden zweiten Tag erscheinen und andere sogar schliessen. «Die geniale Pressevielfalt, die wir hatten, wird unter die Räder kommen», ist sich Walder sicher.  

Doch was bedeutet diese düsterte Prognose für die Titel von Ringier? «Das Mediengeschäft bleibt prägend für die Wahrnehmung von Ringier», so Walder, «jedoch verlieren wir mit Zeitungen und Zeitschriften jedes Jahr - je nach Publikation und je nach Land - zwischen fünf und 15 Prozent an Werbevolumina», sagt der Ex-Tennisprofi.

Eine Publikation in einem Medienunternehmen müsse aber mittelfristig mindestens eine schwarze Null schreiben, damit sie eine Daseinsberechtigung habe. Denn von Quersubventionierungen halte er nichts, wie er der deutschen Tageszeitung weiter verrät.

Auf die Frage nach dem Geschäftskonzept von Ringier sagt Walder deshalb: «Unser Unternehmen strebt eine möglichst geringe Abhängigkeit vom Journalismus an.» Dafür suche man neue Formen von Kooperationen. Als Beispiel nennt der ehemalige Chefredaktor des «SonntagsBlicks» das Joint Venture Admeira, das eine «Antwort auf die Dominanz von Google und Facebook auf dem Werbemarkt» sein soll.

Zudem arbeite Ringier schon seit Jahren an einer zunehmenden Digitalisierung. «Wir haben konsequent digitalisiert und diversifiziert. Wir haben die besten Kleinanzeigenportale im Internet akquiriert: Jobs, Autos und Immobilien sind die drei grossen Säulen», so Walder. Dazu zählen Portale wie jobs.ch, autoscout24 oder immoscout24.

Für diese digitale «Offensive» habe man bereits 1,8 Milliarden Franken ausgegeben und um die 50 Zukäufe in den Bereichen Marktplätze, E-Commerce, Ticketing und Radio sowie Sportvermarktung getätigt. «Heute erwirtschaften wir 65 Prozent unseres Ebitda mit digitalen Geschäften. Vor sechs Jahren waren wir noch bei Null», rechnet der Ringier-CEO vor.

Diese Entwicklung soll sich laut Walder weiter fortsetzen. So werde Ringier in fünf Jahren wohl 80 Prozent des operativen Gewinns mit digitalen Modellen erwirtschaften. Dies sei wichtig, denn «wenn sie heute weniger als, sagen wir, 40 Prozent Ihres operativen Gewinns mit digitalen Geschäften machen, können Sie eigentlich nicht mehr ruhig schlafen», so Marc Walder.