Wird in den Medien über Corona debattiert, werden die Debatten mit zuverlässiger Regelmässigkeit vor dem Presserat, der SRF-Ombudsstelle oder vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) weitergeführt.
So auch im Fall der «Club»-Ausgabe im letzten November, wo Barbara Lüthi kurz nach dem Ja zum Covid-19-Gesetz mit sechs Gästen über das Pro und Contra einer Impfpflicht diskutierte.
Vor der Ombudsstelle sind zehn Beschwerden gelandet. Kritisiert wurde dabei unter anderem die Auswahl der Gäste.
«Alle waren grundsätzlich für oder sogar vehement für die (Corona-)Impfung», hiess es da zum Beispiel. «Grundsätzlich gab es keine Kritik an der Impfung oder an den Corona-Massnahmen des Bundesrats. Durch diese extreme Einseitigkeit der Auswahl der Teilnehmer blieben zahllose Behauptungen unwidersprochen im Raum stehen. Ich bin schockiert».
Es sei die Frage der Impfpflicht diskutiert worden und nicht die Frage, ob die Impfung sinnvoll oder nützlich sei, schreiben die «Club»-Verantwortlichen in ihrer Stellungnahme gegenüber den Ombudsleuten.
Der Nutzen der Impfung sei wissenschaftlich unbestritten. «Für die Redaktion ist es aufgrund des aktuellen Wissenstands und der aktuellen Daten also legitim, eine Diskussionsrunde einzuladen, in der niemand den allgemeinen Nutzen der Impfung in Frage stellt.»
Dieser Argumentation folgten auch die Ombudsleute. Dass indessen die Impfung keinen hundertprozentigen Schutz biete und neue Virusvarianten einen Einfluss auf die Wirksamkeit hätten, sei von keinem Gast in Abrede gestellt worden.
Auf noch schärfere Kritik stiess die Schuldfrage. «Diverse Äusserungen einer Teilnehmerin an der Diskussionsrunde sind klar Volksverhetzung. Die Gruppe der Ungeimpften wird als Schuldige am Tod von Menschen verantwortlich gemacht. Solche Aussagen sind nach Wissensstand November klar unwahr und es wurde in der Sendung gegen die Gruppe der Ungeimpften gehetzt. Ich selber bin genesen und somit in der Gruppe der Geimpften, aber diese Aussagen in der Sendung sind kriminell und gehören abgestraft», empörte sich einer der Beschwerdeführer.
Sanija Ameti, Co-Präsidentin Operation Libero, fragte in der Sendung, wer verantwortlich sei für den Tod von 22 Menschen am Tag der Ausstrahlung der «Club»-Ausgabe. Es seien «nicht nur die Ungeimpften» verantwortlich, sagte sie wörtlich, aber sie trügen eine massgebliche Verantwortung. Als Juristin zitierte sie das Verursacherprinzip, das etwa bei Unfällen im Strassenverkehr zum Tragen komme.
Ameti kam zum Schluss, dass die Ungeimpften mitverantwortlich dafür seien, dass mehr Menschen an Covid erkranken und sterben, als es der Fall wäre, wenn die Impfquote höher läge.
«Die Frage, wer die Verantwortung trägt, ist Teil der öffentlichen Debatte und darf und muss unserer Ansicht nach auch geführt werden», schreibt die «Club»-Redaktion dazu in ihrer Stellungnahme.
Zumal sei mit Andrea Büchler, der Präsidentin der Nationalen Ethikkommission, eine Expertin in der Runde gewesen, die stark entgegenhalten habe. Konkret sagte die Juristin an der beanstandeten Stelle, dass nicht die Ungeimpften schuld an den Todesfällen seien, sondern das Virus.
«Der ‚Club‘ als Talkformat lebt von dieser Form von Debatte und wir trauen unseren Zuschauerinnen und Zuschauern zu, dass sie selbst für sich abwägen können, ob die Haltung eines Gastes sie überzeugt oder nicht.»
Das Konzept des «Club» habe hier gespielt, finden die Ombudsleute in ihrem Bericht. Denn auch Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer könnten sich gegenseitig «korrigieren».
Die Ombudsleute konnten auch in diesem Kritikpunkt keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) feststellen.
Mit Barbara Lüthi diskutierten in der kritisierten «Club»-Augabe vom 30. November 2021 neben Sanija Ameti und Andrea Büchler der Berner SVP-Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg, der Zürcher Infektiologe Jan Fehr, der politische Philosoph Francis Cheneval sowie der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina.