Der Post-Konzern steht laut Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller «am Anfang eines Neuanfangs». Nach dem Manipulationsskandal rund um die PostAuto AG hat das Service-public-Unternehmen die schwierige Aufgabe, das zerbrochene Vertrauen der Bevölkerung wieder aufzubauen.
Der überhöhte Bezug von Subventionszahlungen im Bereich von 78,3 Millionen Franken zieht personelle Konsequenzen nach sich: Nachdem Post-Konzernchefin Susanne Ruoff am letzten Freitag zurückgetreten ist, wurde am Montag auch die gesamte PostAuto-Geschäftsleitung freigestellt.
An einer Medienkonferenz am Mittag präsentierte VR-Präsident Urs Schwaller die Ergebnisse einer externen Untersuchung zur unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto im Zeitraum von 2007 bis 2015 sowie ein Gutachten von drei unabhängigen Experten zur PostAuto-Affäre.
Er sei «erschüttert, mit welcher Energie PostAuto ihre Buchhaltung manipulierte, systematisch Gewinne verschleierte und dadurch überhöhte Subventionen kassierte», betonte Schwaller. Auch sämtliche Kontrollmechanismen innerhalb des Post-Konzerns hätten «offensichtlich versagt». Das ging laut VR-Präsident so weit, dass selbst «das Unrechtsbewusstsein im Laufe der Jahre irgendwann verloren ging».
Schwaller sprach von einem Fehlverhalten, das sich aufgrund der konzernweiten Führungskultur bei der Post etablieren konnte. So waren verschiedene Mitglieder der Post-Konzernleitung auf diversen Dokumentenverteilern aufgeführt und konnten nachweislich Kenntnis von den PostAuto-Fehlbuchungen haben. Doch «trotz zahlreicher Hinweise» seien diese Personen über Jahre nicht eingeschritten.
Deshalb habe auch im Fall von Konzern-Chefin Susanne Ruoff die Vertrauensbasis für eine weitre Zusammenarbeit gefehlt, erklärte Urs Schwaller deutlich: «Ich habe ihr das gesagt. Vor diesem Hintergrund hat sie am Freitag dann die Kündigung eingereicht und wir haben sie per sofort freigestellt.» Gleichzeitig zweifle Schwaller nicht an Ruoffs persönlicher Integrität.
Die vakante Position an der Konzernspitze wird interimistisch von Stellvertreter Ulrich Hurni besetzt. Laut Schwaller habe der Verwaltungsrat die Suche nach einem Nachfolger «unverzüglich eingeleitet».
Neben dem Wechsel an der Konzern-Spitze und der Trennung von der gesamten operativen Leitung von PostAuto verlässt auch die Leiterin der internen Revision die Post. Zudem wird die externe Revisionsgesellschaft - aktuell ist das die KPMG - ab 2019 neu ausgeschrieben.
Es ist ein Neuanfang auf fast allen Stufen, neben der personellen auch auf operationeller Ebene. So will der Verwaltungsrat, dass ein geordneter Ausstieg aus dem Personenverkehrsgeschäft in Frankreich geprüft und durchgesetzt wird. Und die Anfang 2016 in Kraft getretene Holding-Struktur «Impresa» wird per 1. Januar 2019 wieder rückgängig gemacht.
Unmissverständlich sind dazu die Worte aus dem Expertenbericht, den der Klein Report durchgelesen hat: «Das Projekt `Impresa` hatte keine betriebswirtschaftliche Legitimität. Mit strukturellen Anpassungen wollte man die manipulierten Gewinne legalisieren. Es ist nicht verständlich, dass diese offensichtliche Motivation hinter diesem Projekt innerhalb der Konzernleitung nicht durchschaut und seriös hinterfragt wurde.»
Die Mission Neuanfang wurde von Verkehrsministerin Doris Leuthard positiv aufgenommen, wie sie an einer Pressekonferenz am Montagnachmittag sagte. Es sei richtig vom Verwaltungsrat, personelle Konsequenzen zu treffen, um so das Vertrauen wiederherzustellen. Mit ihrem Rücktritt habe Susanne Ruoff nun Platz für einen Neuanfang gemacht.
Zudem betonte Leuthard, dass der amtierende VR-Präsident Urs Schwaller weiterhin ihr volles Vertrauen geniesse. Schwaller habe - anders als der vormalige Verwaltungsratspräsident - nicht genügend Hinweise auf Manipulationen gehabt, denen er hätte nachgehen müssen. Darüber hinaus werde Vize-Verwaltungsratspräsident Adriano Vassalli an der nächsten Generalversammlung nicht mehr zur Wiederwahl antreten, so Leuthard.