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Montag
23.11.2015

Vermarktung

Ginge das in Deutschland?

Ginge das in Deutschland?

Die angekündigte Vermarktungsallianz von Swisscom, SRG und Ringier bringt vielen Redaktionen haufenweise «zugespieltes Material». Das verwursten die Journalisten dann meist am Wochenende als brisante Aufmacher.

So geschehen in der «Schweiz am Sonntag», der man ein E-Mail mit einem Gutachten geschickt hat, das angeblich an Vincent Martenet, Chef der Wettbewerbskommission (Weko), gegangen ist und laut dem das zu untersuchende Konstrukt in Deutschland nicht durchgehen würde. So die Schlussfolgerung eines Professors mit Name Rupprecht Podszun (Bild) von der Universität Bayreuth.

Das Gutachten mit dem Titel «Gutachten zu einer kartellrechtlichen Frage» ist gemäss der Zeitung von einer Firma KE Media in Auftrag gegeben worden, die sich erstaunt zeige, dass ein derart marktbeherrschendes Unternehmen in der Schweiz entstehen soll. Rupprecht Podszun, der eine W3-Professur für Bürgerliches Recht, Immaterialgüter- und Wirtschaftsrecht hat, versucht eine «kartellrechtliche Würdigung des Zusammenschlussvorhabens SRG, Swisscom und Ringier im Lichte der deutschen Entscheidungspraxis».

Das unlogische Joint Venture von Swisscom, SRG und Ringier würde in Deutschland einer Allianz der öffentlich-rechtlichen Sender ARD oder ZDF, der Deutschen Telekom und dem Medienkonzern Axel Springer entsprechen, die wiederum bereits sehr eng mit dem beteiligten Schweizer Ringier-Verlag unternehmerisch verbandelt ist.

Der jüngere Professor ist auch Affiliated Research Fellow am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München und Co-Direktor der Forschungsstelle für Wirtschafts- und Medienrecht. Gemäss der Zeitung kommt er zum Schluss: «Bei Zugrundelegung der bisherigen Entscheidungspraxis in Deutschland würde ein solches Vorhaben vom Bundeskartellamt wahrscheinlich untersagt, jedenfalls aber mit Auflagen oder Bedingungen versehen.»

Auch Rupprecht Podszun führt einige Varianten zu Auflagen an: Der Datenbestand der Swisscom müsse allen Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt werden, kein Unternehmen dürfe diskriminiert werden. Er nennt die «Auslagerung in eine unabhängige Unternehmenseinheit» als Möglichkeit. Denn die Marktmacht der Swisscom sei der wettbewerbsrechtlich heikelste Teil des Joint Ventures.

Die auch in der Schweiz unter vielem anderem harsch kritisierten Swisscom-Set-Top-Boxen sind auch dem Wissenschaftler ein Dorn im Auge. Denn über die Boxen des Staatskonzerns erhalte das Joint Venture den Zugang zu detaillierten Daten zum Verhalten von 1,8 Millionen Nutzern. Die eigenen TV-Daten von SRG und Ringier zu nutzen ist das eine, die Swisscom hat aber auch alle Daten der Konkurrenz. «In einer Detailtiefe, die dem restlichen Markt nicht zugänglich ist», schlussfolgert das Gutachten.