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Mittwoch
16.02.2022

Medien / Publizistik

Nach den Enthüllungen der «Financial Times» unter Druck: Mathias Döpfner präsidiert den deutschen Verlegerverband seit 2016. (Bild © BDZV)

Nach den Enthüllungen der «Financial Times» unter Druck: Mathias Döpfner präsidiert den deutschen Verlegerverband seit 2016. (Bild © BDZV)

Nach den jüngsten Enthüllungen in der Causa Julian Reichelt streiten sich die deutschen Zeitungsverleger, ob der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner als Verbandspräsident noch tragbar ist. An einer Delegiertenversammlung wurde die Machtfrage am Montag vertagt.

Seit 2016 präsidiert Mathias Döpfner den Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Letzte Woche hatte die «Financial Times» (FT) berichtet, dass die Springer-Spitze über das Fehlverhalten des geschassten «Bild»-Chefredaktors Julian Reichelt doch mehr gewusst haben soll, als der Verlag eingeräumt hatte. Der Klein Report berichtete.

Daraufhin hatte die Funke Mediengruppe Druck aufgesetzt. «Bereits im vergangenen Oktober haben wir festgestellt, dass wir die Äusserungen und das Verhalten von Herrn Döpfner dem Amt eines BDZV-Präsidenten für nicht angemessen halten. Die Wirkung auf Journalisten und Journalistinnen und Öffentlichkeit ist fatal», hiess es in einem Statement des Essener Unternehmens gegenüber dem «Spiegel».

Um den Verband und die Branche, die der Springer-Chef vertritt, zu schützen, «halten wir nach wie vor eine Neuaufstellung der ehrenamtlichen Strukturen für unerlässlich», so der Klartext der Funke Gruppe, die unter anderem «Hörzu» oder das «Hamburger Abendblatt» verlegt.

Unüberhörbar war damit Mathias Döpfner gemeint, der sein Amt als BDZV ehrenamtlich ausübt. 

Am Montag haben die Zeitungsverleger virtuell ihre Delegiertenversammlung abgehalten. In der anschliessenden Medienmitteilung war alles Mögliche und wenig Überraschendes zu lesen. Zum Beispiel appellierte der Verband an den neuen Kanzler Olaf Scholz, «die flächendeckende Zustellung der Zeitungen als eine Aufgabe zur Sicherung der Demokratie und der gesellschaftlichen Teilhabe zu verstehen und zu unterstützen». 

Mit Blick auf Google und Facebook müsse die Medienpolitik «viel stärker als bisher den Blick auf die Gefahr richten, dass durch die monopolartigen Strukturen im Digitalmarkt die Finanzierung von Journalismus in Gefahr gerate».

Über die Machtfrage, die die Funke Mediengruppe vorab recht deutlich gestellt hatte, war in der Mitteilung nichts zu lesen. Laut der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ) sei es in der Delegiertenversammlung zu keiner «dezidierten Aussprache» über diese Punkte gekommen, wie aus Teilnehmerkreisen zu vernehmen gewesen sei.

Bei der Funke Mediengruppe kam das nicht gut an. Sie habe laut FAZ anklingen lassen, dass man über den Verbleib im Verlegerverband nachdenke.

Vollkommen taub für Reformen stellte sich der Verlegerverband allerdings nicht. In den kommenden Monaten solle beim BDZV an einer «Modernisierung» gearbeitet werden, teilte der Verband weiter mit. «Hierzu wird eine Projektgruppe gebildet, die sich aus den Reihen der Mitgliedschaft zusammensetzt. Erste beschlussfähige Vorlagen erwartet der Verband für seine nächste reguläre Delegiertenversammlung im September.»

Ausgestanden ist die Malaise für Döpfner bestimmt noch nicht. Doch wenn sich die Mitglieder auf den Fahrplan einlassen, hat der angeschlagene Verbandspräsident eines zumindest gewonnen: Zeit.