Seit vier Wochen dominiert der Ukraine-Krieg die Berichterstattung auf allen Kanälen zu jeder Tageszeit. Es scheint, als hätten sich Pandemie oder Klimakrise in Luft aufgelöst.
In einem offenen Brief wird nun Radio Télévision Suisse (RTS) dafür kritisiert, den Fokus zu einseitig auf die Ukraine gelegt zu haben – und zwar am 28. Februar.
An diesem vierten Tag des Krieges gegen die Ukraine erschien nämlich auch der jüngste Bericht des Weltklimarats (IPCC).
«Wenn wir analysieren, wie RTS die Veröffentlichung des IPCC-Berichts am Tag seines Erscheinens behandelt hat, tauchte das Thema nur an 11. Stelle Ihrer mobilen Anwendung RTS Info auf», heisst es in dem am Montag online publizierten offenen Brief, den über 400 Personen unterschrieben haben.
Ausserdem sei der Weltklimabericht nur sehr generisch behandelt worden, zum Beispiel mit dem traditionellen Eisbär als Symbolbild, «wobei es vor allem um das Schicksal von Milliarden Menschen, um Ungleichheit, Klimagerechtigkeit geht»
«Wir verstehen nicht, dass ein wissenschaftlicher Bericht, der sich auf sachliche Weise mit solch ernsten Gefahren befasst und von einer so glaubwürdigen zwischenstaatlichen Einrichtung erstellt wurde, nicht Gegenstand der Nachrichten um 12:45 Uhr oder 19:30 Uhr ist», so die Protestnote.
Das menschliche Leid, die geopolitischen Veränderungen und das Risiko einer Ausbreitung des russisch-ukrainischen Konflikts rechtfertigt für die Unterzeichnenden keine «so unausgewogene Berichterstattung» wie in den RTS-Nachrichtensendungen in der Primetime vom 28. Februar.
RTS stellte sich nach Veröffentlichung des offenen Briefes auf den Standpunkt, dass auf den IPCC-Bericht online auf RTSinfo und in der Sendung «Forum» eingegangen worden sei. Die Klimafrage sei für den Sender auch weiterhin ein «wichtiges redaktionelles Thema».
Unter den Unterzeichnern finden sich auch Politiker wie Daniel Brélaz (Grüne), Ex-Stadtpräsident von Lausanne, der Genfer Nationalrat Michel Matter (Grünliberale) und der ehemalige Waadtländer Ständerat Luc Recordon (Grüne).