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Montag
26.04.2021

Medien / Publizistik

«Ein falsches Wort und du hast den Stempel. Das ist im Grunde eine Form von Auschwitz.» (Bild © SRF)

«Ein falsches Wort und du hast den Stempel. Das ist im Grunde eine Form von Auschwitz.» (Bild © SRF)

Der Schweizer Dichter und Schriftsteller Adolf Muschg gerät am Sonntag ins Kreuzfeuer auf Twitter. Grund dafür ist ein Auschwitz-Vergleich in der Sendung Sternstunde Philosophie.

Im Gespräch mit dem Moderator Yves Bossart, das am Sonntagmorgen auf dem Fernsehsender SRF 1 ausgestrahlt wurde, spricht Adolf Muschg, einer der bekanntesten Literaten der Schweiz, über die Frage: «Wie geht Lebenskunst?». Der 86-Jährige erzählt viel von sich, von seinen Ansichten, Erkenntnissen und Lebensweisheiten.

Gegen Ende der Sendung philosophieren Gast und Gastgeber über Widersprüche und inkonsequente Weisheiten. In diesem Rahmen fragt Bossart, ob in unserer Gesellschaft eine gewisse Ambiguitätstoleranz fehle. Darauf entgegnet Muschg: «Nehmen Sie die ‚Cancel Culture‘, die wir heute haben. Dass man abgeschrieben wird, wenn man bestimmte Zeichen von sich gibt. Das sehen wir bei feministischen Diskursen ebenso wie bei anti-rassistischen. Ein falsches Wort und du hast den Stempel. Das ist im Grunde eine Form von Auschwitz.»

Ein radikaler Vergleich, auf den im Netz verärgert und entrüstet reagiert wurde.

So schreibt beispielsweise Philipp Sarasin, Historiker der Universität Zürich, auf Twitter: «Adolf Muschg vergleicht die sogenannte ‚Cancel Culture‘ mit – was!? – Auschwitz! Herr Muschg sollte sich in Grund und Boden schämen – und es ist absolut unverständlich, warum der Moderator das unwidersprochen einfach stehen lässt. Unfassbar.»

Und Komödiant Mike Müller äussert sich zynisch zum Vergleich: «Wie viele Menschen wurden jetzt eigentlich durch diese ‚Cancel Culture‘ vergast?»

Andere behaupten, dass die heftigen Reaktionen auf den sozialen Netzwerken ironischerweise genau die «Cancel Culture» zeigen würde und Muschg nun zu Unrecht in eine Ecke gedrängt werde.

Der Klein Report erlaubt sich hier einen kurzen Kommentar: Der Vergleich von Muschg war höchst problematisch. Eine differenzierte und respektvolle Diskussion beizubehalten, ist dennoch unabdingbar. Denn nur so kann dem Phänomen «Cancel Culture» entgegengewirkt werden.