Urs Leuthard hat auf den ersten Juli die Leitung der TV-Bundeshausredaktion von SRF übernehmen. Den Plan, sich selbständig zu machen, hat er auf Eis gelegt. Wie er die Rolle des elfköpfigen Teams im Räderwerk des SRF-Politjournalismus einschätzt, sagt er im Gespräch mit dem Klein Report.
Sie waren unter anderem Redaktionsleiter der «Arena» und der «Tagesschau», Moderator und Redaktor bei der «Rundschau». Was speziell reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe als Leiter der TV-Bundeshausredaktion?
Urs Leuthard: «Einiges. Die unmittelbare Nähe zur Politik, ein kompetentes Team bei der Bundeshaus-Redaktion von SRF und die Möglichkeit, mit unserer Arbeit einen kleinen Teil beitragen zu können zum Funktionieren des politischen Systems in der Schweiz. Denn gerade die direkte Demokratie der Schweiz ist noch mehr als andere Demokratien auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen.»
Was kann Sie noch überraschen?
Leuthard: «Die Politik überrascht einen fast jeden Tag, im Positiven und im Negativen. Eine Herausforderung ist sicher, mit eher knappen Ressourcen alle Sendungen und digitalen Kanäle bedienen zu können.»
Wie gross ist das Team der TV-Bundeshausredaktion?
Leuthard: «Unser Team besteht aus elf Kolleginnen und Kollegen für etwas mehr als acht Vollzeitstellen.»
Wo möchten Sie publizistisch Schwerpunkte setzen?
Leuthard: «Ich möchte, dass wir noch mehr als bisher Zusammenhänge aufzeigen, Kontext bringen und kritisch hinterfragen. So, dass unsere Zuschauerinnen und unsere User nicht nur wissen, was in der Politik so läuft, sondern noch mehr verstehen, warum und mit welchen Absichten das abläuft. Dazu dient zum Beispiel auch das neue Format ‚Interview zum Tag‘, das wir seit Kurzem in der Vorabend-Tagesschau um 18 Uhr und in den digitalen Kanälen bringen.»
Wie halten Sie es mit dem Digitalen?
Leuthard: «Ich bin definitiv kein Digital Native, und ich mag eine gedruckte Zeitung, eine TV-Sendung oder das Radio-Programm nach wie vor sehr. Aber ich bin natürlich auch in den sozialen Medien unterwegs und konsumiere viele mediale Inhalte digital. Und vor allem ist mir klar, dass wir genauso gut sein müssen auf den digitalen Kanälen wie auf den analogen, damit wir auch die jüngeren Menschen ansprechen und erreichen können. Und das sollte, gerade als Service-Public-Medienhaus, unbedingt unser Ziel sein.»
Welche Funktion, welchen Stellenwert hat die TV-Bundeshausredaktion im Gesamtgefüge der Politik-Berichterstattung von SRF?
Leuthard: «Sicher einen grossen Stellenwert. Wir stellen, zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von der Radio-Bundeshaus-Redaktion, einen ansehnlichen Teil der News-Berichterstattung sicher, gerade während den Sessionen. Wir sind das Kompetenz-Zentrum Bundespolitik für das Haus SRF. Und wir sind wahrscheinlich eine Redaktion, bei der das Publikum noch etwas genauer und kritischer hinschaut, wenn es um Ausgewogenheit, Relevanz und Präzision der Berichterstattung geht.»
Wie ist die TV-Bundeshausredaktion organisiert? Sehen sie Abläufe oder Strukturen, die sie ändern wollen?
Leuthard: «Ich bin erst daran, mir einen Überblick zu verschaffen. In erster Linie bin ich beeindruckt, wie schlagkräftig und kompetent das kleine Team arbeitet und wie effizient die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung innerhalb des Teams funktionieren. Da wird es deshalb meine erste Aufgabe sein, sicherzustellen, dass es weiterhin so funktioniert. Und dann werde ich zusammen mit dem Team anschauen und diskutieren, was man ändern könnte und was man ändern muss.»
Mit der Umsetzung des neuen Newsrooms Anfang 2020 lief Ihre letzte Funktion bei SRF aus. Was wäre Ihr Plan B gewesen, wenn Sie nicht Leiter der TV-Bundeshausredaktion geworden wären?
Leuthard: «Ursprünglich war geplant, dass ich in Bern in einem 50-Prozent-Pensum die ‚Interviews zum Tag‘ realisiere, ein gerade gestartetes Format, bei dem wir vor allem während den Parlamentssessionen die wichtigsten politischen Themen vertiefen wollen. Zudem hätte ich als Teil des Bundeshausteams Beiträge rund um die Eidgenössischen Abstimmungen realisiert. Daneben hätte ich mich selbständig gemacht in den Bereichen Newsrooms/Change Management sowie Demokratie-Bildung. Die Pläne für die Selbstständigkeit lege ich nun auf Eis – das ist nicht vereinbar mit der Leitungsfunktion in Bern.»