Die journalistische Wahrheitspflicht ist eine strapazierbare Sache: Mit einem polemischen und parteiischen Bericht hat die «Basler Zeitung» (BaZ) zwar gegen die Anhörungspflicht bei schweren Vorwürfen verstossen, nicht aber gegen die Pflicht zur Wahrheitssuche.
So hat der der Schweizer Presserat jüngst eine Beschwerde des Mediators und Kurators Markus Fricker gegenüber der BaZ nur in Teilen gutgeheissen.
Die Tamedia-Zeitung hatte am 26. August 2020 den Artikel «Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators» publiziert. Darin wurden schwere Vorwürfe gegen den von der Reformierten Landeskirche Baselland eingesetzten Mediator Fricker erhoben.
Fricker habe aktiv auf die Absetzung von Pfarrer Nico Rubeli hingewirkt, die Ersatzwahl der Kirchenpflege verhindert, die Meinungsbildung in der Kirchgemeinde Biel-Benken manipuliert und könne als «Lohn» sein Kurator-Amt bis mindestens Ende 2020 ausüben.
Zu diesen Vorwürfen hätte die Redaktion den Betroffenen anhören und Stellung nehmen lassen müssen, rügte der Presserat die «Basler Zeitung».
So weit, so erwartbar. Interessant ist der Fall aber vor allem wegen eines zweiten Kritikpunktes, bei welchem die BaZ vom Presserat einen Freispruch bekam.
Markus Fricker hatte der Zeitung nämlich auch eine Verletzung der Wahrheitspflicht angekreidet. Der Presserat räumte zwar ein: «Der Bericht ist recht polemisch verfasst, operiert mit vorwurfsvollen Andeutungen, lässt an einigen Stellen auch offen, welche Quellen seine Aussagen stützen.»
Auch an der Parteilichkeit des BaZ-Autors liess das Aufsichtsgremium keinen Zweifel. So kritisiere der Artikel einseitig den vom Kirchenrat Baselland delegierten Mediator Markus Fricker.
Trotzdem ist damit die Pflicht zur Wahrheitssuche für den Presserat noch nicht verletzt: «Medienberichte dürfen durchaus einseitige Parteidarstellungen wiedergeben, weil sie damit auch dem Interesse der Öffentlichkeit an kontroversen Informationen dienen, gerade auch bei Konflikten», heisst es in der Stellungnahme weiter.
Auch müssten die Medien einseitige Berichte nicht automatisch durch ergänzende Recherchen «objektivieren».
Oder konkret im Fall des mit heisser Hand geschriebenen BaZ-Berichts: «Die im Artikel formulierten Einschätzungen und Wertungen beruhen auf Eindrücken des Journalisten von der Versammlung der Kirchgemeinde in Biel-Benken vom 15. August 2020 und auf Recherchen.»
Der Presserat sieht deshalb die Wahrheitspflicht nicht als verletzt an.