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Mittwoch
08.01.2020

TV / Radio

Nicht der sterbende Mann, sondern die Arbeit der Einsatzkräfte waren im Zentrum der SRF-Sendung...

Nicht der sterbende Mann, sondern die Arbeit der Einsatzkräfte waren im Zentrum der SRF-Sendung...

Das Schweizer Fernsehen (SRF) hat in der Sendung «Mona mittendrin» vom 14. November 2019 gezeigt, wie Einsatzkräfte der Feuerwehr um das Leben eines bewusstlosen Mannes kämpften. Die Reanimation gelang nicht – am Ende verstarb die Person.

Verschiedene Medien, allen voran der «Blick», haben die Ausstrahlung der Sterbeszene zu einem medienethischen Skandal hochgeschaukelt. Die Sendung führte schlussendlich zu acht Beanstandungen. Nun hält der SRF-Ombudsmann in seinem am Dienstag publizierten Bericht entgegen, die Menschenwürde sei nicht verletzt worden.

«Im Film wurde kein Toter gezeigt, der erkennbar ist», begründete Roger Blum seine Einschätzung im Schlussbericht. Dank der Verpixelung war der Mann nämlich nicht sichtbar – ausser seiner Hand, die eine Sekunde lang im Bild war. Nicht der Sterbende, sondern die Aktivität der Feuerwehr sei somit im Fokus der Aufnahmen gestanden, so Blum.

Daniel Pünter, Bereichsleiter DOK und Reportagen bei SRF, verteidigte die besagte Ausstrahlung vom 14. November ebenso: «Der Körper des Mannes ist nicht sichtbar, ebenso wenig sein Sterben. Zudem erhält das Publikum keine Informationen zur Identität des Opfers. Zur Sprache kommt aber, wie die Journalistin und die Feuerwehrleute mit Todesfällen umgehen.»

Gemäss Pünter sei die «zeitweilig aufgeheizt-empörte Stimmung in der Öffentlichkeit» rasch gekippt, nachdem die Sendung «Mona mittendrin» ausgestrahlt wurde. Weil die Person dort nicht zu sehen ist, seien die meisten Kommentare «neutral oder positiv» ausgefallen, schreibt er in seiner Stellungnahme zum Fall.

So richtig skandalisiert wurde die Szene bereits vor der offiziellen Verbreitung: Der «Blick» emotionalisierte mit Titeln wie «SRF-Star starb vor laufender Kamera». Ein Medienethiker wurde von der Zeitung befragt, ob man sterbende Menschen im Fernsehen zeigen dürfe. Und «Blick»-Nachrichtenchef Sandro Inguscio kommentierte: «Einen gefilmten Tod als irgendetwas anderes tarnen zu wollen denn als Quoten-Gebolze in seiner reinsten Form, ist eine Beleidigung der Intelligenz aller Zuschauer.»

Die Analyse durch die Ombudsstelle wirft nun aber ein anderes Licht auf den ganzen Fall: Nach Angaben von Daniel Pünter habe ein «Blick»-Journalist noch vor der Ausstrahlung der Sendung die bis zu diesem Zeitpunkt unwissende Schwester des Verstorbenen «überrumpelt»: Die SRF-Kameras hätten den Tod ihres Bruders gefilmt, die Bilder sollten im Fernsehen noch am gleichen Abend gezeigt werden.

Nicht SRF, sondern der «Blick» habe also dafür gesorgt, dass die ganze Sache aus dem Ruder lief. «Die Schwester des Verstorbenen wurde ungewollt an die Öffentlichkeit gezerrt und als Katalysator der Empörung missbraucht», so Pünter. Als die Schwester die Szene und die Sendung «Mona mittendrin» schliesslich bei SRF gesehen habe, sei sie erleichtert gewesen. «Sie fand die Sendung gut umgesetzt und die Darstellung der Szene nicht pietätlos.»

Auch Ombudsmann Roger Blum tadelt in seinem Schlussbericht nicht primär das SRF, sondern den «Blick»: Die Boulevard-Zeitung habe «eine zwiespältige Rolle gespielt», weil das Blatt dem Fernsehen SRF einen Tabubruch vorwarf, «aber selber Tabus brach, indem es ebenfalls Bilder zeigte, den Namen enthüllte und die Schwester des Gestorbenen im Voraus mit einer Sichtweise des Films konfrontierte, die der Realität nicht entsprach».

Ganz aus dem Schneider ist aber auch SRF nicht. In der ursprünglichen Version von «Mona mittendrin» war der Tote laut Ombudsbericht noch deutlicher sichtbar. Die Redaktion habe die Szene erst nachträglich stärker verpixelt. «Das zeigt, dass sich die ethischen Prinzipien nicht zum Vornherein von selber durchsetzten, sondern dass es die von ´Blick` angestossene Debatte brauchte», findet Roger Blum.

Ein weiterer Kritikpunkt des Ombudsmannes: SRF hatte die Angehörigen des Toten vor der Ausstrahlung der Sendung nicht selber kontaktiert und informiert. Die Identität des Verstorbenen sei nicht bekannt gewesen, lautete die Rechtfertigung. «Die Redaktion hat offensichtlich die Recherche nach der Identität der gestorbenen Person vorschnell aufgegeben, denn ´Blick` bewies ja, dass es möglich war, die Identität herauszufinden.»