Vor dem Tamedia-Gebäude an der Werdstrasse in Zürich ist es laut geworden: Etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versammelten sich dort und bliesen ein lautes Pfeifkonzert vor der Bilanzmedienkonferenz des Verlagshauses.
Von Sparmassnahmen betroffene Mitarbeiter sprachen mit Schildern und Bannern wie «Herr Supino, verabschieden Sie die Entlassenen mit Anstand», «Tamedia will Geld für Aktionäre, aber keinen Sozialplan!» und «Sozialplan 2009, aber supito!» die Firmenleitung direkt an.
Vor allem Angestellte aus der Redaktion des Winterthurer «Landboten» waren an der Kundgebung präsent, so der Eindruck des Klein Reports bei einer Umfrage unter den Anwesenden. Tamedia führt den erst im Herbst 2013 gekauften «Landboten» mit den Regionalzeitungen «Zürichsee-Zeitung» und «Zürcher Unterländer» zusammen und baut im Zuge dessen 25 Stellen ab.
«Der Gewinn von 119 Millionen Franken ist ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen besseren Sozialplan für die Entlassenen fordern», sagte Sara Vogt, Regionalsekretärin der Gewerkschaft Syndicom dem Klein Report. «Tamedia stellt sich in der Öffentlichkeit gerne als grosses soziales Unternehmen dar. Deshalb muss das Verlagshaus nun auch nach diesem Anspruch handeln und mit der Personalkommission in Verhandlungen treten.»
Die Gewerkschaft fordert zusammen mit Impressum und den Personalkommissionen die Anwendung des Sozialplanes 2009 für die Entlassenen. Dieser sieht unter anderem Frühpensionierungen und Abgangsentschädigungen vor.
«Der Sozialplan 2009 wurde seit seiner Ausarbeitung immer wieder angewendet. Warum soll er für die Regionalredaktionen nicht gelten? Sind wir Mitarbeiter zweiter Klasse?», fragt ein freier Mitarbeiter des «Landboten» an der Kundgebung vom Donnerstagmorgen.
Bei manchen Protestierenden ist Unsicherheit zu spüren. Eine «Landbote»-Mitarbeiterin, die ein Schild mit der Aufschrift «Asozialer Sozialplan» hochhielt, erklärte dem Klein Report, dass sie mit einer frühzeitigen Pensionierung rechne. «Dabei kann und will ich weiterarbeiten.»
Ihre Kollegin macht sich neben dem Stellenabbau auch um die Qualität der Regionalzeitungen Sorgen: «Die Zusammenlegung der Redaktionen könnte sich negativ auswirken. Ich denke da beispielsweise an die Kulturseite des `Landboten`. Ich weiss nicht, ob diese erhalten, verkleinert oder ganz gestrichen wird. Dabei ist das ein wichtiger Teil der Zeitung, der auch überregional gerne gelesen wird.»
Eine andere «Landbote»-Redaktorin meinte resigniert: «Ich rechne auch in naher Zukunft wieder mit Entlassungen, trotz Gewinn von Tamedia. Es ärgert mich, dass Tamedia nur Geld für Aktionäre und die Geschäftsführung übrig hat, aber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keinen anständigen Sozialplan anbietet.»
Ein junger «Landbote»-Fotograf ist ähnlicher Meinung. Angesichts der am Donnerstag präsentierten Geschäftszahlen sehe er keinen Grund, den Sozialplan 2009 nicht anzuwenden. «Es wäre doch eine Schande, wenn die Arbeitslosenversicherung ältere Leute übernehmen muss, die frühpensioniert werden könnten.»