Die Lage in der Romandie im Streit zwischen Redaktion und der Tamedia-Leitung ist eskaliert: Um die 200 Personen protestierten am Mittwoch unter der Mittagssonne von Lausanne gegen ihren Arbeitgeber. Die erhitzten Gemüter lassen auch die Deutschschweizer Redaktionskollegen nicht kalt.
«Wir, die Belegschaften von Tamedia Deutschschweiz, erklären unsere uneingeschränkte Solidarität mit unseren streikenden Kolleginnen und Kollegen von Tamedia Suisse Romande»: Mit diesen Worten bekannten die Personalkommissionen von der Tamedia-Zentralredaktion, vom «Tages-Anzeiger», «Bund», «Berner Zeitung», den Zürcher Regionalzeitungen und den Tamedia Editorial Services klar Farbe.
Nachdem die Tamedia-Leitung am Dienstag mit der Kündigung des GAV in der Romandie drohte, gingen die Einschüchterungsversuche am Mittwoch weiter. In einem Schreiben wurden die Journalisten dazu aufgefordert, ihren Streik bis spätestens um 11:00 Uhr zu beenden.
«Andernfalls ist Tamedia berechtigt, die Arbeitsverträge aus wichtigem Grund (mit sofortiger Wirkung) zu kündigen.» Der streikenden Belegschaft stehe weder die vertragliche Kündigungsfrist, noch «irgendein Nutzen aus einem möglichen zukünftigen Sozialplan» zu.
Für diese Drohgebärden der Geschäftsleitung haben die Angestellten in der Deutschschweiz kein Verständnis: «Da bewegt man sich auf sehr dünnem Eis, das grenzt an Nötigung», findet «Bund»-Redaktor Markus Dütschler, Mitglied der Personalkommission, auf Nachfrage des Klein Reports.
Vor diesem Hintergrund habe man grösstes Verständnis für den Streik der Kollegen in der Romandie. «Es handelt sich hier um einen Arbeitskampf, der seine Berechtigung hat.» Tamedia, so der Tenor, soll ihre unternehmerischen Entscheide nicht allein von der Eigenkapitalrendite und vom Aktionärsnutzen leiten lassen.
Belegschaft und Öffentlichkeit sollen offen über das ganze Ausmass und die Art des Stellen- und Leistungsabbaus bei den Tamedia-Redaktionen informiert werden, lautet eine weitere Forderung der Redaktionsvertreter. Denn auch in der Deutschschweiz brodelt es längst unter der Oberfläche, seit die Redaktionen der verschiedenen Titel in zentralen Mänteln zusammengelegt worden sind.
Anders als in der Romandie sind die Sparmassnahmen des Grossverlags hier aber deutlich subtiler: «Weil sich die Fluktuation nicht wie erhofft erfüllt hat, gibt es Versuche, Leute mit gewissen Lockmitteln zur Aufhebung ihres Vertrags zu animieren», führt Dütschler gegenüber dem Klein Report aus.
Zudem kämpfen Journalisten und Gewerkschaften in der Deutschschweiz seit 2004 um einen Presse-GAV. Als Vorbild dient ihnen dazu ausgerechnet der GAV aus der Romandie, den Tamedia nun ebenfalls zu kündigen droht.