Der «Tages-Anzeiger» veröffentlicht anlässlich der Eröffnung der SBB-Durchmesserlinie eine Print-Beilage und eine Online-Long-Form-Story für den Werbekunden SBB. Es ist das zweite Mal, dass der «Tages-Anzeiger» eine Beilage mit entsprechender Microsite kommerziell umsetzt.
Dass es sich um eine kommerzielle Beilage handelt, war in der ersten unfertigen Online-Version, die der «Tages-Anzeiger» den Medien am Donnerstag zugänglich machte, allerdings noch nicht ersichtlich. Auch auf einem Screenshot der Titelseite der Webseite, die der Verlag mit der Pressemitteilung zur Beilage verschickte, hiess der Titel «Die Durchmesserlinie» und der Untertitel «Online Special zur Eröffnung des Jahrhundertprojekts» - von Werbung war keine Rede.
Allenfalls liessen die Farben, die in der Online-Version beim Titel und Lead hinterlegt sind und dem Corporate Design der SBB entsprechen, auf eine kommerzielle Beilage schliessen.
Beim Zürcher Medienkonzern Tamedia hält man das Vorgehen für transparent. «Die Sonderbeilage, die in Zusammenarbeit mit den SBB entstanden ist, wird als `Sonderbeilage` des Verlags des `Tages-Anzeigers` ausgewiesen», so Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer am Donnerstag gegenüber dem Klein Report. «Der Begriff `Sonderbeilage` ist ein von der Schweizerischen Lauterkeitskommission empfohlene Bezeichnung für kommerzielle Beilagen.»
Tatsächlich wurde am Abend dann die unfertige Seite schliesslich mit einem neuen Titelbild versehen - und die Online-Long-Form-Story nun im Untertitel als «Sonderpromotion vom 06. Juni 2014» ausgewiesen. Die fertige Microsite wird aber erst am Freitag zu sehen sein.
Zu hoffen ist, dass der Screenshot nur versehentlich ohne Vermerk «Sonderpromotion» verschickt wurde. Womit man sich aber fragen darf, weshalb der «Tages-Anzeiger» fehlerhafte Bilder versendet und auf eine unfertige Webseite verlinkt.
Ist man etwa der Meinung, dass die Werbebeilage mit dazugehöriger Microsite derart innovativ und neuartig ist, dass man gleich sämtliche nationale Medien informieren muss? Es scheint zumindest so, wenn man den offen angezeigten Mailverteiler der Pressemitteilung liest.
Christoph Zimmer formuliert das so: «Kommerzielle Beilagen als digitale Long-Form-Story sind in der Schweiz neu. Der `Tages-Anzeiger` führte dieses Format als erste Tageszeitung ein und die Sonderbeilage zur neuen Durchmesserlinie ist erst das zweite Projekt. In einer Zeit, in der sich alle Online-Medien mit der Frage beschäftigen, wie digitale Werbung in Zukunft funktioniert und welche Werbeformen angeboten werden sollen, ist das aus unserer Sicht durchaus interessant. Aber das ist natürlich, wie bei allen Medienmitteilungen, eine Frage, die man auch anders einschätzen kann.»