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Donnerstag
19.04.2018

Medien / Publizistik

Justizakten geheim halten und so den kritischen Augen der Öffentlichkeit entziehen: SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor will Strafbefehle und Einstellungsverfügungen vom Öffentlichkeitsprinzip ausnehmen. Dafür wurde er am Mittwochabend in der Zürcher Rothaus-Bar mit dem Goldenen Bremsklotz für den Informationsverhinderer des Jahres geschmückt.

«Der Walliser Nationalrat und Rechtsanwalt will mittels parlamentarischer Initiative Strafbefehle und Einstellungsverfügungen zur Geheimsache erklären», begründete das Recherche-Netzwerk investigativ.ch die Preisvergabe. «Damit würde der grösste Teil der Strafjustiz der öffentlichen Kontrolle entzogen. Es wäre ein grosser Schritt zurück zu einer Kabinettsjustiz.»

Einen Teil dieser Forderung hat auch die Rechtskommission des Nationalrates unterstützt. Sie wollte Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen vom Öffentlichkeitsprinzip ausnehmen.

Dies wäre fatal, mahnt investigativ.ch: «Einstellungsverfügungen können Hinweise auf Klassenjustiz oder auf unfähige Strafverfolger geben», argumentiert Dominique Strebel vom Investigativ-Vorstand. Der Nationalrat hat den Vorschlag der Rechtskommission Anfang März abgelehnt.

Doch Jean-Luc Addor gibt nicht auf. Wie er anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Goldenen Bremsklotz erklärte, gehe es ihm um den Schutz der Privatsphäre. Wird ein Verfahren eingestellt, so könnten auch die Vorwürfe völlig haltlos sein. Es sei deshalb nicht richtig, die Betroffenen den Medien auszuliefern. Daher sei die Debatte für den SVP-Nationalrat «nicht vom Tisch».

Investigativ.ch hält dagegen, dass bereits heute die Interessen vor der Veröffentlichung solcher Akten miteinander abgewogen werden. Auch der Schutz der Privatsphäre fällt dabei ins Gewicht. 

Neben Jean-Luc Addor waren auch der Walliser Staatsratspräsident Jacques Melly und Swissmedic heisse Anwärter auf den Goldenen Bremsklotz. Der Sieger wurde mittels Online-Voting ermittelt, wobei Swissmedic knapp das Nachsehen hatte.