SRF-Direktor Ruedi Matter gibt Tamedia ein Interview zu den geplanten Sparübungen der SRG und dem Abbau der Regionalredaktionen. «Klein Report»-Kolumnistin Regula Stämpfli hat sich das Interview genauer angeschaut.
Noch-Direktor Ruedi Matter spricht Klartext: Nach der «No Billag»-Abstimmung baut SRF den öffentlich-rechtlichen Service public gehörig ab. Mit dem Scheinargument der «technischen Erneuerung» wird ein quotenorientierter gesamtschweizerischer Zürich-Infobrei legitimiert, die regionale Vielfalt zerstört und die journalistische Qualität gefährdet.
Im Berner «Bund» und im «Tages-Anzeiger» vom 21. Mai meint Matter auf die Frage: «Warum wollen Sie die Journalisten von der Radiosendung ‚Echo der Zeit’ statt wie bisher in Bern näher bei den Maskenbildnerinnen im Fernsehstudio Zürich haben?» wortwörtlich: «Die Entwicklung des Radios ist jener des Fernsehens sehr ähnlich: Die Nutzung ist rückläufig.» Der SRF-Direktor legitimiert den Abbau der regionalen Verwurzelung, der Vielfalt der Schweizer Medienbranche und des Auftrags zum Föderalismus mit «rückläufiger Nutzung». Er realisiert nicht, dass nicht Quoten über den Auftrag der SRG entscheiden, sondern die öffentlich-rechtlichen Auflagen, die Ruedi Matter wohl bereit ist, aufzugeben.
Schade, dass hier keine kritische Nachfrage durch die Redaktorinnen Sophie Reinhardt und Claudia Blumer erfolgte.
Der Auftrag der SRG ist es nicht, die Quoten einzuhalten, sondern die für die direkte Demokratie notwendige Information bereit zu stellen. Der radikale Umbau vom Service public zum mit Staatsgeldern finanzierten Quotensender ist den wenigsten Medienjournalisten bewusst. Dabei ist Matter kristallklar in seiner Botschaft:
«Nur wenn es uns gelingt, unsere hervorragenden Inhalte auch für ein jüngeres Publikum aufzubereiten, sind wir in zehn Jahren noch relevant.» Jemand zuhause? Es geht im SRG-Auftrag nicht darum, für marktspezifisch zielgerichtete Konsumgruppen «Inhalte aufzubereiten», sondern darum, eine öffentlich-rechtliche Grundversorgung der staatspolitisch relevanten Information zu garantieren. Wer genauer hinschaut, wie sich SRF «Jugend» vorstellt, kriegt das Grauseln: Porno, Computer und Katzen dominieren diese SRF-Online-Sparte.
Ruedi Matter erzählt genau das Gegenteil dessen, was im Abstimmungskampf zu «No Billag» immer als SRG-Vorteile ins Feld geführt wurden. In sehr selbstbewusster Manier verkündet er von oben herab: «Wir haben immer klar gesagt, dass sich die SRG verändern werde, dass wir Reformen umsetzen werden, unsere Effizienz steigern und sparen würden. Und das ist genau das, was wir momentan tun.» Dass diese Pläne das Potential haben, den Auftrag und das Verbot der Medienkonzentration zu unterlaufen, ist nicht mehr übersehbar. Dass diese Pläne nur Tage später nach gewonnener Abstimmung öffentlich gemacht wurden, spricht Bände.
Regionen und Gewerkschaften, die für die Beibehaltung des öffentlich-rechtlichen Service public alles gegeben haben, müssen sich angesichts der SRG-Politik nach gewonnener Abstimmung fragen, für was sie eigentlich gekämpft haben: Vielleicht für einen mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanziert Zürcher Medienmoloch, ohne Verwurzelung in den Regionen, sprachlicher Vielfalt und ohne Verpflichtung zum typisch schweizerischen Föderalismus?