Dass das Schweizer Fernsehen sehr kritisch gegenüber Bauprojekten eingestellt ist, ist nichts Neues. Dass nun aber zur Untermalung eines Beitrages sogar noch neue Berufsbezeichnungen erfunden werden, erstaunt: Im «Schweiz aktuell»-Beitrag «Kampf gegen Zersiedelung in Gerlafingen» bekam der Geograf Christian Schwick ausführlich Gelegenheit, eine von seiner eigenen Firma erstellte Studie bewerben zu dürfen. Der Clou dabei: Vorgestellt wurde er den Fernsehzuschauern bei der Einblendung seines Namens nicht etwa als Inhaber der Firma «Die Geographen schwick+spichtig», sondern als «Zersiedelungsexperte».
Die Berufsbezeichnung überraschte selbst die Baubranche: «Es gibt überhaupt keinen Beruf mit diesem Namen», erklärte Matthias Engel, Mediensprecher des Schweizerischen Baumeisterverbands, dem Klein Report. Damit aber nicht genug: «Am Tag der Ausstrahlung dieses Beitrags erhielt man keinen einzigen Treffer, wenn man bei Google oder irgendeiner anderen Internetsuchmaschine den Begriff `Zersiedelungsexperte` eingegeben hat. Wenn das Schweizer Fernsehen solche Berufsbezeichnungen selber erfindet, grenzt das schon an Täuschung der Zuschauer», so Engel.
Vergleichsweise harmlos war dagegen die Anmoderation des Beitrags durch «Schweiz aktuell»-Moderatorin Katharina Locher. «Jede Sekunde wird in der Schweiz ein Quadratmeter Land verbaut», sagte sie in die Kamera. Diese Aussage wurde immerhin nicht selber erfunden, sondern «nur» ungeprüft von Umweltschutzorganisationen übernommen. Diese Zahl ist in Wahrheit längst veraltet und viel zu hoch: «Die Siedlungsfläche nahm gemäss der offiziellen Arealstatistik des Bundesamts für Statistik in der letzten Messperiode um 0,69 Quadratmeter pro Sekunde zu – deutlich weniger als in der Periode zuvor, in der die Zunahme 0,86 Quadratmeter je Sekunde betrug. Besonders auffällig ist aber: Die eigentliche Gebäudefläche nahm nur um 0,14, die Verkehrsfläche um 0,12 Quadratmeter pro Sekunde zu. Zusammen macht dies etwa einen Viertelquadratmeter je Sekunde aus, welcher überbaut wird – also viermal weniger als von Schweiz aktuell behauptet!», erklärte Baumeister-Sprecher Engel dem Klein Report.
Der grosse Rest der neu eingezonten Grundstücke umfasse Erholungs- und Grünanlagen, Gebäudeumschwung, Strassen-, Bahn- und Flugplatzgrün. «Dabei mag der eine oder andere Kiesweg oder betonierte Vorplatz darunter sein, in aller Regel aber handelt es sich um Grünflächen. Schöne Stadtpärke, gepflegte Vorgärten, Schwimmbäder mit Liegewiesen – Betonwüsten sehen definitiv anders aus», so Engel.