Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am European Publishing Congress das schwierige Verhältnis zwischen Medien und Politikern thematisiert. Bei allen Spannungen betonte Kurz aber vor allem die Gemeinsamkeiten und die Unabdingbarkeit der Pressefreiheit für eine funktionierende Demokratie.
Im imposanten, mit monumentalen Statuen und Kronleuchtern geschmückten Festsaal des Wiener Rathauses begrüsste Verleger Johann Oberauer die Gäste am Montagmorgen mit einer sehr politischen Rede: «Die nächste Monsterwelle bedroht unsere Schiffe», so Oberauer. Nachdem Google und Facebook der vierten Gewalt wirtschaftlich zugesetzt hätten, würden Medien nun auch noch als «Lügenpresse» oder «Feind des Volkes» herabgewürdigt.
Danach folgte der Auftritt des Bundeskanzlers, der wie immer elegant gekleidet den Kongress eröffnete. Sebastian Kurz kam sofort zum Thema: «Die Pressefreiheit ist unabdingbar für eine funktionierende Demokratie. Ohne Pressefreiheit wäre das europäische Lebensmodell nicht denkbar.» In Zeiten, in denen Medien auch durch Staatsführer immer wieder gezielt attackiert und diskreditiert werden, waren seine Worte wie Balsam für die Ohren der Medienschaffenden.
Bei zentralen Themen für das Land sitzen Medien und Politik nach Ansicht des österreichischen Regierungschefs «ein Stück weit im gleichen Boot».So trügen beide eine gemeinsame Verantwortung für ein respektvolles Miteinander in der Gesellschaft. «Ich bin noch nicht allzu alt mit meinen mittlerweile 32 Jahren. Aber der Ton in der politischen und medialen Auseinandersetzung wird ein immer rauerer. Schubladisierung und Diskreditierung nehmen zu. Die politische Kultur ist gefährdet oder geht verloren.»
Dass gerade Politiker bei der Medienschelte eine Schlüsselrolle einnehmen, konnte Kurz nicht ganz wegdiskutieren: «Auch in Österreich gibt es – von links bis rechts – den ein oder anderen Kommentar, den es nicht geben sollte. Man fühlt sich manchmal ungerecht behandelt», gab Kurz zu und verheimlichte auch nicht, dass Politiker ab und an in die Versuchung einer Gegenwehr kämen.
Doch abgesehen von flapsigen Bemerkungen habe die Presse von Österreichs Politik nichts zu befürchten. Sein Land habe eine Digitalsteuer eingeführt, um die ungerechte Steuerlast etwas auszugleichen, so Kurz. Als Digitalunternehmen zahlen die grossen US-Tech-Konzerne nämlich im Europa-Schnitt nur 10 Prozent Steuern. Ihre Mitbewerber, die Medienunternehmen, zahlen 20 bis 25 Prozent. Das durch die neue Steuer eingenommene Geld will der ÖVP-Politiker in einen Fonds geben, um die klassischen Medien bei der digitalen Transformation zu unterstützen.
Zwei Wochen vor den Europawahlen verwies Bundeskanzler Kurz noch darauf, dass die EU, genauso wie auch Medienhäuser, langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben müssen, um weiter als Vorbild anerkannt zu werden. Ansonsten werde es immer schwieriger, Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit erfolgreich zu bewerben.