Am 11. Januar 2018 erschütterte der wohl bekannteste Blogger Deutschlands, Richard Gutjahr, die deutschsprachige Medienszene mit seinem Blogeintrag: «Unter Beschuss». Der Journalist wurde 2016 gemeinsam mit seiner Familie Augenzeuge des LKW-Terroranschlags in Nizza.
Nur eine Woche später war Gutjahr in der Nähe des Olympia-Einkaufszentrums, wo ein Amokläufer neun Menschen erschoss. Der renommierte Journalist berichtete beide Male für die ARD.
Seitdem haben sich unzählige Hater (vorwiegend Verschwörungstheoretiker und andere Mobber) gegen Richard Gutjahr auf Youtube und Facebook, via Google und Twitter vernetzt. Allein auf Youtube existieren über 800 (!) Videos (mit entsprechenden Hasskommentaren) gegen Gutjahr und seine Familie.
Seit über 18 Monaten werden die Gutjahrs so im Netz äusserst brutal bedroht, attackiert, gemobbt und aufs Übelste beschimpft. Die gutjahr´sche Odyssee durch unfähige deutsche und internationale Rechtsinstanzen beschreibt der Journalist sehr eindrücklich in seinem Blog.
Höhepunkt der schrecklichen Fahrt durch das Hetz-Netz war gemäss Gutjahr die Reaktion von «Youtube». Die Videoplattform schickte Email- und Wohnadresse von Richard Gutjahr ausgerechnet an dessen Peiniger mit der Empfehlung «sich doch bitte untereinander zu einigen».
Die Umkehr von Recht und Unrecht hat laut Gutjahr eine Komplizenschaft: Die Gerichte und Politiker, die geltendes Recht im Netz nicht durchsetzen. Youtubes Legitimation lautete nach Gutjahrs Angaben folgendermassen: Erstens würden Verschwörungstheorien für eine Sperrung allein nicht ausreichen (selbst wenn darin die Urheber- und Persönlichkeitsrechte eines Dritten massiv verletzt werden). Zweitens gäbe es bei Urheberrechtsstreitigkeiten ein striktes Prozedere, bei Uneinigkeiten beide Seiten direkt miteinander verhandeln zu lassen. Drittens würden nur bei dreimaliger Verletzung des Urheberrechts die Konten auch gesperrt.
Fazit des Bloggers Gutjahr: Die Plattformbetreiber sollten die Verstösse gegen «die eigene Netiquette» sanktionieren. Konkrete Gesetzesverstösse im Netz müssten von Polizei und Gerichten ebenso konsequent verfolgt werden wie in der realen Welt. Die Strafen seien zu lasch und hätten keine abschreckende Wirkung.
Staat und Polizei seien wohl immer noch der Meinung, dass Bedrohung, Beschimpfung und Beleidigungen ja nur «im Netz» stattfänden und deshalb nicht so wichtig wären. Richard Gutjahr hält fest: «Das Gegenteil ist richtig. Eine Verleumdung im Netz kann das Opfer ein Leben lang verfolgen.»
Mit sieben wertvollen Tipps rät Richard Gutjahr seinen Blog-Lesenden, wie mit Hetze und Hasskommentaren im Netz umzugehen sei. Dabei sind Solidarität und Counter Speech ebenso wichtig wie eine Rechtsschutzversicherung.