2019 feiert die «Schweizer Familie» (SF) ihr 125. Jubiläum. Im Gespräch mit dem Klein Report blickt Chefredaktor Daniel Dunkel zurück und erzählt, wie sich der Tamedia-Titel im Medienwandel über Wasser hielt und weshalb man ihn 2001, als er Chefredaktor wurde, vor diesem Job gewarnt habe.
Wenn die «Schweizer Familie» ihr Kind wäre, was würden Sie ihm heute zum Geburtstag wünschen?
Daniel Dunkel: «Ein langes und glückliches Leben, so abwechslungsreich und spannend wie die `Schweizer Familie`.»
Das Jubiläum der Wochenzeitschrift fällt in eine schwierige Zeit. In der zweiten Jahreshälfte 2018 erreichte die SF gemäss Wemf 577'000 Leser in der Deutschschweiz, ein Jahr zuvor waren es noch 594'000 (Mach-Basic 2018/2 und 2017/2). Ist ein Kraut gewachsen gegen den Leserschwund?
Daniel Dunkel: «Für uns ist der Leserschwund keine neue Erfahrung. Als ich die `Schweizer Familie` 2001 als Chefredaktor übernahm, waren wir mit dem gleichen Problem konfrontiert. Wir gaben Vollgas und holten die Abonnenten mit journalistischer Qualität zurück...»
...2001, das ist jetzt 18 Jahre her, gemessen an der Dynamik des Medienwandels eine halbe Ewigkeit. Wie schätzen sie die Situation heute ein?
Dunkel: «Heute ist alles etwas anders. Und komplizierter. Wir kämpfen mit strukturellen Veränderungen im Medienkonsum - wie alle anderen auch. Was wir tun müssen, ist die journalistische Qualität halten, nahe bei den Leserinnen und Lesern bleiben und uns überlegen, wie wir unsere Inhalte auf neuen Kanälen verbreiten können.»
Wo sehen Sie bei der «Schweizer Familie» konkrete Ansatzpunkte, um neue Leser anzusprechen oder ehemalige zurückzugewinnen?
Dunkel: «Hätte ich revolutionär neue Ansatzpunkte gefunden, dann wäre ich längst an der Umsetzung. Sicher ist es wichtig herauszufinden, wie Zeitschriften und deren Inhalte in Zukunft konsumiert werden. Ich bin überzeugt, dass die SF noch viele Jahre erfolgreich unterwegs sein wird. Diese Zeit müssen wir nützen, um den Zeitgeist zu beobachten und neue Chancen für den Brand `Schweizer Familie` zu finden.»
Wie würden Sie den publizistischen Kern der «Schweizer Familie» umreissen?
Daniel Dunkel: «Ich lasse Bundesrat Alain Berset antworten. Er schrieb in seiner Grussbotschaft zum 125-jährigen Jubiläum unserer Zeitschrift dies: `Die `Schweizer Familie` beweist nicht nur den Mut des genauen Hinschauens. Sondern auch, und das fällt auf in unserer hypernervösen Zeit, den Mut zur radikalen Entschleunigung.` Das gefällt mir!»
Wie unterscheidet sich Ihr Blatt darin von Ihrem Erzrivalen, der «Schweizer Illustrierten» aus dem Hause Ringier?
Dunkel: «Diese Frage ist schnell beantwortet: Die `Schweizer Illustrierte` ist ein People-Magazin und die `Schweizer Familie` eine Familien-Zeitschrift.»
Tamedia fährt auf Sparkurs. Auch bei der «Schweizer Familie»? Wie wird gespart?
Dunkel: «Alle Redaktionen stehen heutzutage unter Kostendruck, sei es bei Tamedia oder anderen Verlagshäusern. Wir versuchen so umsichtig wie möglich die Kosten zu reduzieren, ohne die Qualität der SF zu gefährden.»
Sie sind seit 2001 Chefredaktor der «Schweizer Familie». Aus der Vogeloptik: Wie würden Sie dieses Wegstück auf dem nun 125-jährigen Weg der Zeitschrift beschreiben?
Dunkel: «Meine Berufskollegen warnten mich damals vor diesem Job. Sie fragten, ob ich unbedingt als letzter Chefredaktor der `Schweizer Familie` in die Mediengeschichte eingehen wolle. Ich stand unter Druck, weil ich wusste, dass der Titel keine zweite Chance erhält. Entweder mein neues Konzept zieht oder das Heft verschwindet. Aber mit dem Konzept alleine war es nicht getan...»
...was brauchte es noch?
Dunkel: «Meine Arbeit bestand lange Jahr darin, die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die Redaktion zu professionalisieren, Begeisterung für unsere Art von Journalismus zu wecken, und die Redaktion stolz zu machen. In einer zweiten Phase musste ich dafür sorgen, dass der Erfolg im Lesermarkt stabil bleibt und wir das Heft laufend weiterentwickeln. Heute stellen sich neue Fragen, die Sie bereits angesprochen haben.»
Wenn Sie einen Blick in die Zukunft wagen: Wo sehen Sie die «Schweizer Familie» in zehn Jahren?
Daniel Dunkel: «Niemand weiss, wo die Printmedien in zehn Jahren stehen. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass unsere Zeitschrift dank ihrer Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit eine treue Stammleserschaft behält, gross genug, um Geld zu verdienen und die `Schweizer Familie` weiterzuentwickeln.»
Macht Ihnen Ihr Job als Chefredaktor nach wie vor Spass?
Dunkel: «Ja, es ist ein Privileg, mit einer so kollegialen, einfallsreichen und kompetenten Redaktion zu arbeiten.»