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Sonntag
12.06.2022

Medien / Publizistik

Die Redaktionen würden «lieber recherchieren als prozessieren», heisst es bei Tamedia auf Nachfrage. (Bild © TX Group)

Die Redaktionen würden «lieber recherchieren als prozessieren», heisst es bei Tamedia auf Nachfrage. (Bild © TX Group)

Vor der zweiten Gerichtsinstanz hat sich Tamedia mit dem Waadtländer Milliardär und russischen Honorarkonsul Frederik Paulsen auf einen Vergleich geeinigt – so kommunizierte es der Verlag am Freitag.

Frederik Paulsen hatte sich an der Berichterstattung diverser Redaktionen von Tamedia gestört. Streitpunkt vor Gericht waren vor allem die Russlandreisen (und deren Kosten), die er zusammen mit gewählten Politikern – unter anderem mit dem damaligen Waadländer FDP-Finanzdirektor Pascal Broulis – in den Jahren 2010 bis 2017 unternommen hatte.

2019 klagte Paulsen und liess sich von Anwalt Daniel Glasl von der Zürcher Kanzlei Bratschi beraten. Mit Urteil des Zürcher Bezirksgerichts vom 23. September 2021 wurde die Klage schliesslich abgewiesen. Der Honorarkonsul zog den Fall weiter und legte Berufung am Obergericht ein. 

«Die Parteien haben sich nun während laufendem Berufungsverfahren auf eine Verhandlungslösung geeinigt», kommunizierte Tamedia am Freitag offensiv.

«Dieser Rechtsstreit war seit Beginn in den Medien, sodass auch die Beendigung durch den Vergleich kommuniziert wird», sagte Marc Bachmann von der Kommunikations-Unit der TX Group auf Nachfrage des Klein Reports.

Das Bezirksgericht Zürich habe festgestellt, dass von den eingeklagten Artikeln «alle korrekt» gewesen seien, so Bachmann weiter. «In dieser Ausgangslage hatte Tamedia kein Interesse mehr daran, jahrelang in zweiter und dritter Instanz über Details zu prozessieren, und hat deshalb zugestimmt, das Verfahren mit einem Vergleich zu beenden.»

Die Redaktionen von Tamedia würden «lieber recherchieren als prozessieren».

Ein «Vergleich» setzt ein gegenseitiges Entgegenkommen voraus. Darauf angesprochen, sagte Marc Bachmann: «Tamedia hat in einige Artikel neu die folgende Formulierung eingefügt: ‚Gemäss unseren Recherchen wurden den Teilnehmern je Reisekosten verrechnet, wobei nicht abschliessend geklärt ist, inwieweit damit die Auslagen gedeckt werden konnten.‘» 

Diese Formulierung präzisiere beide Perspektiven: «Einerseits legen die beteiligten Politiker Wert darauf, dass sie für die damaligen Russlandreisen bezahlt haben. Andererseits ergaben die Recherchen von Tamedia verschiedene offene Fragen bei dieser Finanzierung», sagte der «spécialiste en communication» der TX Group, der sein Büro in Lausanne hat, weiter gegenüber dem Klein Report.

Der Waadländer Milliardär hatte in seiner Klage von 2019 insgesamt 44 Artikel kritisiert, die sich mit Russlandreisen und weiteren Themen befassten. Es handelte sich vor allem um Artikel von «Tages-Anzeiger» und «24 heures», die auch in anderen Medientiteln von Tamedia in der Deutschschweiz und der Romandie publiziert worden waren.