Der Fall hatte im April 2023 für grosses Aufsehen gesorgt. In einer Rohschnittfassung von «The Pressure Game», einem Dokumentarfilm über die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, sagte SRF-Reporter Sascha Ruefer: «Granit Xhaka ist vieles, aber kein Schweizer».
Gemäss dem Schweizer Presserat war es in Ordnung, dass die «Wochenzeitung» (WoZ) diese Aussage als rassistisch einstufte.
Zur Beschwerde war es gekommen, weil sich ein Leser an der Einschätzung der WoZ gestört hatte. Nun wies der Presserat diese Beschwerde ab. Begründung: Die Aussage Ruefers könne als rassistisch eingeschätzt werden, wenn auch nicht im strafrechtlichen Sinne, so doch im Sinne von Ausgrenzung wegen einer Andersartigkeit.
Das Gremium schreibt in seiner Urteilsbegründung unter anderem: «SRF und Ruefer hätten die Möglichkeit gehabt, dem Vorwurf zu widersprechen. Dass dies das SRF (und der Moderator) nie taten, erweckt nicht den Eindruck, dass man selber felsenfest davon überzeugt war, dass die Aussage keinesfalls auch nur im Ansatz als rassistisch angesehen werden könnte. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass Ruefer die Aussage entfernen liess, zeigt ja gerade, dass er erkannte, dass die Zuschauer diese für rassistisch halten könnten.»
Es können für den Reporter durchaus mildernde Umstände geltend gemacht werden – schliesslich bezog er seine Aussage auch auf die «unschweizerische» Unnachgiebigkeit und Siegermentalität Xhakas. So oder so sieht das Schweizer Fernsehen (SRF) nicht gut aus. Der öffentlich-rechtliche Sender hatte die Rohfassung des Filmmaterials einem ausserwählten Kreis von Journalisten gezeigt – nicht aber der WoZ (trotz mehrmaligem Nachfragen).
Dieses Verhalten wirft für den Presserat Fragen auf: «Darf der Zugang zu Informationen auf ausgewählte Journalistinnen und Journalisten beschränkt werden, die einem Akteur genehm sind und von denen man sich eine wohlwollende Berichterstattung erhofft?
Und darf man Journalisten Vorgaben bei der Veröffentlichung machen? Ist es berufsethisch vertretbar, wenn Journalisten sich auf solch einen Deal einlassen? Besteht nicht die Gefahr, der Wahrheitsfindung so entgegenzustehen? Ist nicht gerade ein mehrheitlich gebührenfinanzierter Sender wie SRF hier in einer besonderen Verantwortung?»
Die Quintessenz des Presserates muss den SRF-Verantwortlichen noch mehr zu denken geben – und käme auf dem Fussballplatz schon fast einer Roten Karte gleich: «Der Presserat erachtet es als Einschränkung der Medienfreiheit, wenn ein Unternehmen oder eine Behörde ausgewählten Medien exklusiven Zugang zu Informationen gewährt, andere Medien dagegen ausgeschlossen werden. Besonders stossend ist es, wenn ein Medienhaus solche Einschränkungen vornimmt. Und noch stossender ist dies, wenn es sich dabei um einen Sender wie das SRF handelt, der grossteils durch Gebührengelder finanziert wird.»