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Dienstag
07.05.2024

Werbung

Die Mediendichte, die Mehrsprachigkeit und das hohe Lohnniveau der Schweiz treiben die Werbepreise in die Höhe: Roland Ehrler, Vizepräsident der Stiftung für Werbestatistik (Bild zVg)

Die Mediendichte, die Mehrsprachigkeit und das hohe Lohnniveau der Schweiz treiben die Werbepreise in die Höhe: Roland Ehrler, Vizepräsident der Stiftung für Werbestatistik (Bild zVg)

An der Werbefront nichts Neues: So lässt sich das Werbejahr 2023 zusammenfassen. Print und TV schrumpften weiter, Plakat und YouTube boomten weiter, während das Gesamtvolumen der Werbe-Spending stagnierte.

Der Klein Report sprach mit Roland Ehrler, Vize-Präsident, Stiftung für Werbestatistik und Direktor Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA), über die Stagnation auf dem Schweizer Werbemarkt, den Druck auf die klassischen Kanäle und den wunderlichen Höhenflug des Plakates. 

Was waren für Sie die wichtigsten Resultate der Werbestatistik 2023?
Roland Ehrler
: «Die wichtigste Zahl für das Werbejahr 2023 heisst +/- 0 % gegenüber dem Vorjahr, also dass die Netto-Werbeausgaben im 2023 insgesamt stagnieren. Aber immerhin konnten einige Mediagattungen ihre Umsätze steigern, wie die Aussenwerbung, Werbeartikel, Kino, Online und Radio.»

Was hat Sie am meisten überrascht?
Ehrler: «Eigentlich wenig, weil die Zahlen sich fast nahtlos an die Trends und Erhebungen der Vorjahre anknüpfen. Dabei wird der spürbare Zuwachs in der Aussenwerbung und insbesondere bei DOOH bestätigt. Und bereits Media Focus hatte für die klassische Werbung im Jahr 2023 ein Minus von 1,1 % berechnet. Somit war es keine Überraschung, dass auch die Netto-Zahlen kaum in die Höhe gehen.»

Der Schweizer Werbemarkt scheint noch immer unter Long Covid zu leiden. Sein Volumen ist auch zwei Jahre nach Ende der Pandemie immer noch 6,3 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Wie erklären Sie sich diesen Befund?
Ehrler: «In einzelnen Mediagattungen sind wir wieder auf Niveau 2019 zurück. Aber Sie haben Recht, der Weg dahin ist für viele Anbieter steinig. Und wie heisst es? ‚Money follow eyeballs‘ und diese Augen wandern seit Jahren hin zu Online-Bewegtbild und in Social-Media-Kanäle. Damit bleibt der ‚klassische‘ Werbemarkt unter Druck.»

Was muss geschehen, damit eine Erholung auf Vor-Corona-Niveau möglich wird?
Ehrler: «Ein Patentrezept dagegen gibt es nicht, aber gerade die Aussenwerbung zeigt einen Gegentrend.»

Der schon seit Längerem zu beobachtende Aufwärtstrend der Aussenwerbung wird auch in der neusten Ausgabe der Werbestatistik Schweiz bestätigt. Wieso boomt das Plakat ausgerechnet heute, wo wir viel Aufmerksamkeit unseren Gärtchen widmen?
Ehrler: «Die Aussenwerbevermarkter werden Ihnen sagen, dass das Plakat das beliebteste Werbemittel ist. Zu Recht, denn aus Studien ist bekannt, dass sich die Konsumenten am wenigsten von Werbung auf Plakaten gestört fühlen, im Gegensatz zu einem Pop-up auf einer Website, welches beim Surfen ihren Bildschirm überdeckt. Damit können Werbeauftraggeber mit OOH und DOOH in der kleinräumigen Schweiz nahe bei den Konsumenten und deren Alltag sein. Das bietet Marken Reichweite und Sichtbarkeit auf der Strasse, im Parkhaus, im ÖV, am Bahnhof, in der Fussgängerzone oder sogar am ‚Einkaufswägeli‘. Dies ist ein klarer Gegentrend zur Onlinewerbung, oft mit einem engen Targeting und wenig Sichtbarkeit.»

Wie hoch veranschlagen Sie den Einfluss der Inflation auf die Werbe-Spendings?
Ehrler: «Die Inflation in der Schweiz war letztes Jahr gering und deshalb auch deren Einfluss auf die Werbe-Spendings. Allerdings gehört die Schweiz schon lange zu den teuersten Werbeplätzen der Welt, sei es wegen der Mediendichte, der Mehrsprachigkeit oder dem Preis- und Lohnniveau. Neben der klassischen Werbung werden heute Kommunikationsziele auch mit Influencer-Marketing, Sponsoring oder Content-Strategien erreicht. Hierzu gibt es leider nur wenig Zahlen.»

Die ausländischen Tech-Plattformen zwacken inzwischen jeden dritten Schweizer Werbefranken ab, so zumindest sehen es diverse Schätzungen. 2023 ist die Zahl nochmals um satte 8 Prozent gewachsen. Salopp gefragt: Hört das denn nie auf?
Roland Ehrler: «Solange die Schweizer Nutzerinnen und Nutzer sich so zahlreich auf den Tech-Plattformen aufhalten, werden die Marken und Unternehmen ihnen auch dorthin folgen. Da braucht es – neben den beliebten Schweizer Newsseiten oder Online-Rubriken – schlicht neuartige Schweizer Angebote, welche eine lokale Alternative sein könnten. Trotz der Ricola-Erfindung und vielen Schweizer Innovationen kommen jedoch solche Medientrends und eben Plattformen derzeit aus den USA oder Asien.»

Wie blicken Sie auf die Zukunft des Schweizer Werbemarktes?
Ehrler: «Als positiv denkende Person ist für mich das Glas immer halbvoll. Dabei sehe ich im zukünftigen Werbemarkt die verschiedensten Arten von Werbung. Angefangen mit der klassischen Werbung zu den Search- und Social-Media-Plattformen bis zum Sponsoring, Content- sowie Influencer-Marketing und mehr. Ich hoffe die Stiftung für Werbestatistik kann dem Rechnung tragen und ihre Erhebungen auf diese neue Werbe-Zukunft ausrichten.»