Am Dienstagabend brachte «Der Club» von SRF einen Talk zu «Vom Trend zur Normalität - Schönheitsoperationen». Medienexpertin Dr. Regula Stämpfli legt für den Klein Report dar, weshalb eine derartige Runde inklusive Fragestellung zum Körperhandeln im 21. Jahrhundert dem Thema alles andere als gerecht wird.
Wissenschaftliche Debatten haben es immer schwerer, in den öffentlich-rechtlichen Medien aktuell zu sein oder überhaupt wahrgenommen zu werden. Dies gilt in besonderem Masse für alle Gender-Themen.
Offenbar lebt die «Club»-Redaktion noch im letzten Jahrhundert und meint: Schönheit sei «naturgegeben», «wichtig», in allen Gesellschaften gleich. Dabei ist seit Jahrzehnten klar, dass Schönheit keine biologische Gegebenheit ist, sondern immer im politischen Herrschaftssystem verankert ist. Ebenso klar ist, dass der Schönheitsdiskurs eng mit der Warenwerdung von Menschen verknüpft ist und zwar auf allen Ebenen: Leihmutterschaft, Prostitution, Organtransfer, Gesundheitsoptimierung und andere.
«Schönheit» medial ausschliesslich unter ästhetischen Positionen zu verhandeln, erinnert an das Stockholm-Syndrom - jenes psychologische Phänomen, bei dem sich Geiseln nach einer gewissen Zeit mit ihren Geiselnehmern identifizieren. Denn: Was schön ist, entspricht mächtigen Kulturtechniken, die nicht aus der Biologie, sondern aus Herrschaftsgefügen und Politik stammen.
Als besonders «schön» im Sinne erotischer Attraktion galt im alten China beispielsweise die Praxis, durch Knochenbrechen und extremes Einbinden Lotos- oder Linienfüsse bei Mädchen und Frauen zu erreichen. Die Prozedur brachte Mädchen im Alter von fünf bis acht Jahren einen Klumpfuss, damit kleinste, schmale und spitze Füsschen zustande kamen. Lotosfüsse galten als Investition, damit Töchter in höhere Schichten aufsteigen konnten. Es gibt unzählige Beispiele, die belegen: Was Menschen «schön» macht, ist nicht naturgegeben, sondern die Verkörperlichung gesellschaftlicher, politischer und kultureller Herrschaftssysteme.
Im Hinblick auf diverse Sexismusdiskussionen und der Nichtbeachtung relevanter Studien zu «Gender» ist es äusserst bedauerlich, dass der öffentlich-rechtliche Sender es einmal mehr verpasst hat, auf dem aktuellen Stand der Diskussion zu sein. So werden Frauen- und Menschenbilder transportiert, die Klischees statt Erkenntnis ins Wohnzimmer tragen. Daran ändert leider auch die Präsenz von Dr. Lisa Schmalzried, Universität Luzern, wenig, da sich die Philosophin in ihrer Forschung mit der reinen Ästhetik der Debatte begnügt.