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Montag
22.08.2022

TV / Radio

Mitarbeitende des Senders RBB demonstrieren vor dem eigenen Haus und fordern, dass die verprassten Gelder wieder zurück ins Programm fliessen müssen...       (Screenshot Bild TV)

Mitarbeitende des Senders RBB demonstrieren vor dem eigenen Haus und fordern, dass die verprassten Gelder wieder zurück ins Programm fliessen müssen... (Screenshot Bild TV)

Und wieder sind beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) neue Ungereimtheiten aufgetaucht in der Folge des Aufarbeitens nach dem Skandal um Patricia Schlesinger in Berlin.

Demnach war die inzwischen abberufene Intendantin nicht nur grosszügig mit sich selbst. Wie «Business Insider» aus dem Hause Axel Springer am Freitag zu berichten wusste, hat Patricia Schlesinger (61) das Geld der Gebührenzahler «auch mit vollen Händen» ausgegeben, um unliebsame Mitarbeitende loszuwerden.

Im Visier der Untersuchung steht Klaus-Wilhelm Baumeister. Dieser war bis 2018 Chef von RBB Media. Das Unternehmen kümmert sich um den Verkauf von Werbezeiten im RBB-Programm und wickelt Sponsoring-Verträge ab.

Nun habe Baumeister «eine jahrelange Liebesbeziehung mit seiner Sekretärin gehabt», heisst es. Die Frau sei später zur Leiterin des Controllings aufgestiegen.

In der Folge sei der «Betriebsfrieden gestört gewesen». Konsquenz: Baumeister musste seinen Sessel räumen – für Edda Kraft, angeblich eine Vertraute von Schlesinger. Trotzdem bezieht er weiter viel Geld.

Das sendereigene Online-Portal rbb24 teilt dazu mit: «Bis 31. August 2026 soll der Mann insgesamt mehr als 700'000 Euro erhalten. Davon hat der Sender ihm seit seinem Ausscheiden bereits mehr als 300'000 Euro ausgezahlt.»

Viel Geld für sein Nichtstun. Denn eigentlich sollte Klaus-Wilhelm Baumeister ins Justiziariat des öffentlich-rechtlichen Senders wechseln. Dort besetzt er formal noch immer eine Planstelle und steht sogar im Urlaubsplan, weiss rbb24.

«Ein äusserst lukrativer Vorruhestand! Oder einfacher gesagt: 700'000 Euro, damit er NICHT arbeitet», kommentiert das Boulevardblatt «Bild» aus dem gleichen Haus wie Business Insider.

Als Ergänzung zu diesen Mauscheleien weiss rbb24: «Offenbar wurden Schlesinger und Baumeisters Nachfolgerin Kraft bald dicke Freunde. Erst vor zwei Monaten machten beide gemeinsam Urlaub in Ostafrika.»

Und noch etwas sorgt für Kopfschütteln in der RBB-Belegschaft: In der Geschäftsleitung des Senders sitzt ein Ehepaar – die Juristische Direktorin Susann Lange und die Personalleiterin Sylvie Deléglise. Diese sind miteinander verheiratet. Getraut wurden sie von der ehemaligen Pfarrerin Friederike von Kirchbach. «Also von genau der Frau, die als Chefin des Rundfunkrates eigentlich den Sender und dessen Chef-Etage kontrollieren sollte», heisst es in den Enthüllungsberichten süffisant.

Solche Vorgänge werfen nicht nur ein schlechtes Licht auf die Führung des RBB. Die Krise sei schlecht für ganze ARD, finden auch andere Medien wie zum Beispiel die «Berliner Zeitung».

Diese zitierte am Samstag ARD-Chef Tom Buhrow: «Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt.»

Damit wachse auch innerhalb der ARD der Druck auf das Führungsteam rund um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter, die Ämter niederzulegen.

Heftig brodelt es auch beim Personal des Senders in Berlin. Bei einer auf drei Stunden angesetzten Versammlung der Belegschaft am Donnerstag hätten auch einige Schwergewichte den Raum demonstrativ verlassen, weil sie «diese ganzen schrecklichen Details gar nicht mehr hören» wollen.

Nach Wahrnehmung der Belegschaft teile sich ihre Führung inklusive der Hauptabteilungsleiter wie Chefredaktor David Biesinger immer deutlicher in zwei Fraktionen auf: «Die einen gehen in Deckung und spielen toter Käfer», wie es ein Beobachter beschreibt. Die anderen täten so, als seien sie schon immer gegen dieses schreckliche Bonussystem gewesen – von dem sie selbst profitierten – und nun «froh, dass es endlich abgeschafft wird», wie ein anderer zynisch kommentiert.

Vor dem Sender in Berlin ist es zu Demonstrationen gekommen. Man wolle den Protest, «den wir intern schon hatten», nach draussen tragen.

Moniert wird zum Beispiel, dass man an den Freien gespart habe, um damit für sich selbst die Boni zu sichern. Für die Aufarbeitung fordern die Demonstrierenden, «dass für die zukünftigen Geschicke dieses Hauses die Belegschaft gehört und eingebunden wird».