Erstmals seit vielen Jahren zeigt SRF den Giro d’Italia wieder live. Gerade mal drei Schweizer Profis waren gemeldet.
Davon ist krankheitsbedingt nach zwei Wochen mit Fabian Lienhard nur noch ein Radprofi übrig, der aber in der Gesamtwertung keine Rolle spielt. Derweil reiht der Radsport-Profi Marlen Reusser Sieg an Sieg. Doch darüber berichtet SRF nur online oder in kurzen Zusammenfassungen. Was soll das, SRF?
Heftige Stürze, viele Corona-Fälle, garstige Wetterbedingungen und verkürzte Etappen prägen die diesjährige Ausgabe des Giro d’Italia, die am 6. Mai mit einem Zeitfahren in Fossacesia Marina begann und am 28. Mai in Rom endet. Das Maglia Rosa wird sich nicht – wie von vielen Radfans erwartet – das neue Wunderkind des Radsports, Remco Evenepoel, überstreifen, sondern ein anderer Profi aus dem Feld. Denn der Belgier wurde wie viele andere Profis im Feld auch mit Corona aus dem Rennen gekickt. So auch der Schweizer Gino Mäder, der schon gar nicht erst zur Italien-Rundfahrt antreten konnte.
Und auch Stefan Küng ist nicht mehr dabei. Er verliess nach dem zweiten Zeitfahren erwartungsgemäss die Italien-Rundfahrt, um sich bei einem Höhentraining zu Hause für die Tour de Suisse vorzubereiten. Mäder nicht dabei, Küng ausgestiegen, und so fragen sich viele Radsport-Fans, warum SRF die Übertragung nicht einfach beendet.
Zumal Fabian Lienhard, der letzte Schweizer im Feld, mit dem Ausgang des Giros keine tragende Rolle spielen wird. Doch SRF bleibt stoisch dabei: Und zeigt Nachmittag für Nachmittag über Stunden Live-Bilder des Giro d’Italia. Kommentiert von SRF-Rad-Kommentator Claude Jaggi, an seiner Seite wie gewohnt die Radsport-Experten Daniel Loosli und Sven Montgomery.
Natürlich halten sich die Kosten für SRF im Rahmen, wenn die Kommentatoren die Etappen der dreiwöchigen Rundfahrt mehrheitlich von Leutschenbach aus begleiten, und doch bleibt die Frage: Warum tut sich das SRF überhaupt an? Die Einschaltquoten werden nicht prickelnd sein, wenn kein Schweizer mehr vorne mitfahren kann, und deshalb könnte man die Übung auch gleich abbrechen. Doch SRF bleibt drauf, wahrscheinlich auch, weil zwei der Giro-Etappen in der Schweiz, in Crans-Montana und Sierre, enden, beziehungsweise starten.
Aber wer weiss, vielleicht geht ja SRF nach dem Debakel am Giro d’Italia dann doch noch über die Bücher. Und entscheidet künftig, auch den Rennen von Marlen Reusser mehr Gewicht zu geben. Denn im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen reiht die Bernerin Sieg an Sieg. Gerade erst hat sie die Baskenland-Rundfahrt für sich entschieden, den Eintages-Klassiker Gent-Wevelgem gewann sie ebenso und beim Rad-Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich wurde sie Dritte.
Live-Übertragungen ihrer Rennen sucht man auf SRF vergeblich. Der Radsportfan wird mit Zusammenfassungen oder online abgespeist. Das hat sie nicht verdient.
Zeigt aber auf, dass der Radsport auf SRF eine zweifelhafte Strategien fährt: Männer stehen im Rampenlicht, Frauen im Abseits.