Der Nahost-Konflikt ist letztendlich auch ein Meinungskrieg. Journalisten wissen: Hier müssen sie verdammt gut aufpassen, was sie schreiben. Ein falsches Wort, ein unpassender Vergleich, und schon schwillt der Posteingang an.
Am 9. Oktober unterlief Susanne Brunner so ein Fehler. In der Radio-Sendung «Heute Morgen» schilderte die Auslandchefin von Radio SRF das grausame Massaker und die Entführungen der Hamas. Die israelische Armee habe daraufhin ebenfalls Geiseln genommen.
Brunner sagte tatsächlich Geiseln statt Gefangene. Ein Hörer wandte sich daraufhin an die Ombudsstelle und verlangte, dass «Susanne Brunner zur Rechenschaft gezogen werden» sollte. Die Gleichsetzung der Hamas mit der während Kampfhandlungen festgenommenen Terroristen durch die israelische Armee sei «der Gipfel des Zynismus».
In der Sache hatte der Beanstander nicht unrecht, aber die Tonlage war – wie häufig bei Beanstandungen – vielleicht etwas zu schrill und alarmistisch.
Für Susanne Brunner ging die Sache glimpflich aus. Esther Girsberger, die Co-Leiterin der Ombudsstelle, verteidigte sie, wie es sich wohl viele Journalistinnen und Journalisten wünschten, wenn sie einen Fehler begangen haben.
Erstens müsse man den Beitrag von Brunner im Kontext sehen, erklärte Esther Girsberger auf Anfrage des Journalisten Beni Frenkel für den Klein Report. Zweitens arbeite Brunner Tag und Nacht und drittens, so Girsberger, bedauere Brunner selber den Fehler. Darum alles paletti und für eine Entschuldigung fehle ein Grund.
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) steht: «Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann.»
Wenn die Moderatorin aufgeregt über Geiselnahmen der israelischen Armee berichtet, wird das Ereignis falsch dargestellt und das Publikum bildet sich zwar eine eigene Meinung – ob sie richtig ist, das ist dann eine andere Frage.
Mit Girsbergers Erklärungsansatz, dass Brunner Tag und Nacht arbeite und den Fehler selber bereue, könnte man alles relativieren.
Wo gearbeitet wird, da passieren Fehler. Auf Redaktionen tagtäglich. Die erste Tugend, die man im Journalismus lernen sollte, ist Demut. Fehler zugeben. Auch eine Auslandchefin ist davor nicht gefeit.
Und die Ombudsstelle? Die sollte ihren Auftrag als neutrale Anlaufstelle nochmals beherzigen. Auf Erklärung verzichtete Girsberger. «Die Ombudsstelle führt keine Korrespondenz über Schlussberichte», schrieb sie auf Anfragen des Klein Reports.