Der «Kassensturz» hat 50 Jahre auf dem Buckel. Für Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) ist der Oldtimer mehr als eine Institution. Der «Kassensturz» steht stellvertretend für den Service public, den der Sender von der Verfassung abgeleitet hat. Nur: Der frühere Kassenschlager zieht nicht mehr richtig.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte rutschte die Sendung unter die wichtige 25-Prozentmarke beim Marktanteil. Letztes Jahr lag der Anteil bei 24,2 Prozent. Die Zeiten sind vorbei, als sich die halbe Schweiz am Dienstagabend vor dem Fernseher versammelte um zu erfahren, welches Shampoo am besten ist.
Die halbstündige Sendung kostet 104'000 Franken. Sie erscheint 42-mal im Jahr. Jährlicher Kostenpunkt: über 4 Millionen Franken. Die Vorstellung, die Sendung nach 50 Jahren durch etwas anderes zu ersetzen, kommt in Leutschenbach einer Gotteslästerung nahe. Doch wie lange noch?
Am Montag inszenierte sich SRF-Chefin Nathalie Wappler als harte Saniererin: Mit dem Projekt «SRF 4.0» will man zeigen, dass man durchaus gewillt ist, Kosten einzusparen. Die Rede ist von einem einstelligen Millionenbetrag.
Die Frage lautet: Traut sich Wappler, alte Sendungen unter das Fallbeil zu stellen? Eine Bestandesaufnahme wäre vonnöten. Die Zeiten, als sich die Marktanteile lediglich hinter dem Komma veränderten, sind vorbei. Das Publikum dreht den Dinosaurier-Sendungen den Rücken zu, und zwar dramatisch.
So verliert die Gesundheitssendung «Puls» innert Jahresfrist 1,3 Prozentpunkte (2023: 18,4 Prozent Marktanteil), die «Rundschau» 1,4 Prozentpunkte (2023: 20,7 Prozent) und «Reporter» 1,5 Prozentpunkte (2023: 14,3 Prozent).
Mit durchschnittlich 43'000 Franken ist die «Arena» eine der günstigsten Informationssendung bei SRF. Auch sie schwächelt: minus 0,6 Prozentpunkte (2023: 18,4 Prozent Marktanteil).
Stolz verkündetet SRF Anfang Jahr, dass sie eine positive Bilanz für 2023 ziehe. Man habe im TV einen Marktanteil von 30,4 Prozent erzielt. Gelungen ist ihr das aber nicht mit den Flaggschiffen «Arena», «Kassensturz» oder «Rundschau», sondern mit eher Banalem wie «SRF bi de Lüt» oder Sportsendungen.
«Wir halten an den Sendungen fest», antwortet SRF auf die Frage des Klein Reports, ob Leutschenbach auch mittelfristig an der «Arena», dem «Kassensturz» oder der «Rundschau» festhalte.
«Die Anzahl Personen in der Deutschschweiz, die generell TV schauen, nimmt seit 2013 (mit Ausnahme der Pandemiejahre) kontinuierlich ab», schreibt SRF weiter.
Seit genau fünf Jahren ist Nathalie Wappler an der Spitze von Schweizer Radio und Fernsehen. Es ist nicht ihre erste gross angekündigte Sparrunde. Seit fünf Jahren wartet das Publikum auf Innovationen oder Informationsgefässe, die zeitgerecht und langfristig sind.