Nur eine Woche, nachdem die Pläne für eine «Neue Berner Zeitung» bekannt geworden sind, liegt nun auch die Idee für ein neues Berner Online-Magazin auf dem Tisch. Der Verein Courage Civil will mit einer «Umfrage» klären, obs ein Publikum gibt.
Etwas überrascht war der Klein Report über das Vorgehen von Courage Civil schon. In der Regel wird erst dann so ausführlich über ein Projekt kommuniziert, wenn es in den Startlöchern steht oder wenn zum Crowdfunding aufgerufen wird – und nicht schon dann, wenn erst mal abgeklärt wird, ob es überhaupt eine Nachfrage auf dem Markt gibt. Selbst die Keystone-SDA hat die ausführliche Medienmitteilung geschluckt, die der Verein am Freitag publizierte.
Darauf angesprochen, sagte Mark Balsiger, Geschäftsführer von Courage Civil: «Auf dem Medienplatz Bern gärt es schon seit Langem. Der Gärungsprozess hat sich beschleunigt, seit die Tamedia-Manager im letzten Herbst ankündigten, ‚Berner Zeitung‘ und ‚Bund‘ komplett zu fusionieren. Bislang gab es im Grossraum Bern noch publizistische Konkurrenz; diese fällt mit der Einheitsredaktion dahin.»
Demokratiepolitisch sei diese Monopolsituation bedenklich, das Unbehagen gross. «Deshalb haben wir jetzt eine Umfrage lanciert.»
An der Zürcher Werdstrasse ist Mark Balsiger kein Unbekannter. Als Tamedia vor zwölf Jahren plante, «Bund» und «Berner Zeitung» zu fusionieren, initiierte der Berner Politberater und Kampagnenführer das Komitee «Rettet den Bund».
Jetzt, wo die «Vollfusion» vor der Türe stehe, fühle er sich wieder in der Pflicht, so Balsiger zum Klein Report. «Wenn es weitere Medienprojekte für den Grossraum Bern geben sollte, ist es wichtig, dass sich die Leute, die dahinterstehen, jetzt zusammenraufen.» Begännen nämlich zwei oder noch mehr Start-ups gleichzeitig, gewinne der Platzhirsch. Also Tamedia.
Andere Medien-Start-ups wie zum Beispiel die «Republik», «bajour» in Basel oder «tsüri» zeigten, dass es ein Bedürfnis gebe, nimmt Mark Balsiger das Ergebnis der «Umfrage» vorweg.
Diese Beispiele zeigten, dass eine Finanzierung möglich sei. «Die Zukunft des Journalismus ist lokal und regional – und entwickelt sich fernab der Medienkonzerne, die primär auf Klicks und grosse Renditen aus sind.»
Civil Courage wurde 2018 im Abstimmungskampf um «No Billag» gegründet. Seither hat der Verein Abstimmungskampagnen gegen die «Selbstbestimmungsinitiative» und die «Begrenzungsinitiative» der SVP geführt.
«Wir weisen unverdrossen darauf hin, dass der Diskurs von Anstand und Respekt geprägt sein sollte», sagt Geschäftsführer Balsiger zur Mission des Vereins, der sich selbst als eine «Bewegung» beschreibt. «Sie dürfen uns nun Gutmenschen nennen, wohlan!»
Im fünfköpfigen Vereinsvorstand findet sich laut Webseite keine einzige Journalistin und kein Medienmanager. Wie kann das sein, dass ein Verein ein journalistisches Produkt auf den Medienmarkt bringen will, in dessen Führungsgremium die journalistische Expertise nicht vertreten ist?
Zurzeit gehe es erstmal nur um die Umfrage, so Balsiger gegenüber dem Klein Report. «Wenn Courage Civil auch bei den weiteren Schritten dabei sein sollte, können wir uns auf das Know-how einiger Mitglieder abstützen. Wo nötig, ziehen wir die Expertise von weiteren Fachleuten bei.»