Pandemie-Bekämpfung, Rettungsschirm für die Stromwirtschaft und zuletzt die Rettung der Crédit Suisse: Das Notrecht war dem Bundesrat in letzter Zeit schnell bei der Hand. Und immer häufiger hebelt er auch das Öffentlichkeitsgesetz aus.
Zum Beispiel in der Notverordnung vom 16. März «über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken». Darin hielt der Bundesrat unter anderem fest, dass der Zugang zu amtlichen Dokumenten nach Öffentlichkeitsgesetz in dieser nicht ganz unwichtigen Sache ausgeschlossen ist.
Nach der von notrechtlichen Entscheiden geprägten Phase der Pandemie und die Stützung der Stromwirtschaft hat der Bundesrat mit dem CS-Deal innert kurzer Zeit ein weiteres Mal den Vorhang gezogen.
Tätigkeiten, die er seiner Verwaltung mittels Notrecht übertrug und bei denen jeweils Unsummen an Steuergeld auf der Kippe standen, entzog er qua Notrecht jedem Einblick von aussen, den das Öffentlichkeitsgesetz eigentlich vorschreibt.
Für Adrian Lobsiger ein No-Go. Der Eidgenössische Datschenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb) des Bundes findet klare Worte in dem am Dienstag präsentierten Jahresbericht: «Aus der Begründung für den Erlass des unmittelbar auf die Bundesverfassung gestützten Notrechts zur Stützung der Elektrizitäts- oder Finanzwirtschaft lässt sich aufgrund der dem Edöb zurzeit vorliegenden Informationen in keinem dieser Fälle eine Notwendigkeit ableiten, über den Weg des Notrechts auch noch den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger aufzuheben, das notrechtliche Wirken der Verwaltung nachvollziehen zu können.»
Wenn es also nicht zwingend notwendig war, die Bürgerrechte notrechtlich einzuschränken, stellt sich die Frage, woraus der Bundesrat das Recht ableitet, das Öffentlichkeitsgesetzt auf dem Verordnungsweg gleich komplett auszuhebeln.
Kommt hinzu, dass es mildere Alternativen gegeben hätte. Denn die Behörden hätten unter Berufung auf den Schutz öffentlicher und privater Interessen den Zugang zu amtlichen Dokumenten einschränken können. Oder sie hätten ihn zumindest so lange aufschieben können, bis das Parlament in der nachholenden Debatte über den Ausschluss der Verwaltungstransparenz hätte befinden und ihn, falls nötig, in ein Gesetz hätte giessen können.
Adrian Lobsiger spricht gar von einer «beschleunigt anwachsenden Anzahl der spezialgesetzlichen Ausschlüsse des Öffentlichkeitsgesetzes». Daher führt er nun eine Liste, in der er die Fälle verzeichnet, wo die Behörden die Transparenzpflicht aufhebt.