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Samstag
11.11.2023

Medien / Publizistik

Die proaktive Veröffentlichung der herausverlangten Dokumente könnte Journalisten bei längeren Recherchen unter Zeitdruck setzen. (Bild © VBS)

Die proaktive Veröffentlichung der herausverlangten Dokumente könnte Journalisten bei längeren Recherchen unter Zeitdruck setzen. (Bild © VBS)

Verteidigungsministerin Viola Amherd hat sich eine Stärkung des Öffentlichkeitsprinzips auf die Fahne geschrieben. Von Journalisten herausverlangte Dokumente sollen künftig automatisch online gestellt werden. Was generös daherkommt, hat einen Haken.

Von Medienschaffenden wurden einzelne Ämter im Verteidigungsdepartement (VBS), wie etwa der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), in der Vergangenheit oft als nachlässig kritisiert, wenn es um die Bearbeitung von Zugangsgesuchen ging. Sie wurden häufig summarisch abgelehnt.

Für Martin Stoll, Geschäftsführer von öffentlichkeitsgesetz.ch, ist es daher «lobenswert», wenn das VBS möglichst viele Dokumente proaktiv zugänglich machen will. Dass auch Dokumente für die breite Öffentlichkeit publiziert werden sollen, welche einzelne Medienschaffende angefragt haben, sei «grundsätzlich nicht falsch».

Der Haken dabei heisst «Karenzfrist». Diese setzt das VBS regulär auf drei Wochen an, «auf Antrag» auch länger, wie es in einer Mitteilung des VBS heisst. Es ist die Frist, nach deren Ablauf das VBS die herausverlangten Dokumente von sich aus online publiziert.

Das könnte Journalisten und Journalistinnen gerade bei längeren Recherchen unter Zeitdruck setzen. Für Martin Stoll ist entscheidend, dass die Verwaltungseinheiten des VBS diese Praxis nicht dazu verwenden dürfen, «um Recherchen von Medienschaffenden entgegenzuwirken, indem sie Informationen vorzeitig veröffentlichen und somit die Arbeit der Journalisten unterminieren».

Ein solches Handeln stehe in direktem Widerspruch zu dem seit Langem bestehenden stillschweigenden Übereinkommen zwischen den Medienschaffenden und den Pressestellen. Demnach respektieren die Pressestellen den Vorrang der Medien bei der Berichterstattung, selbst wenn die Inhalte für die Behörden unangenehm sein mögen. 

In der Vergangenheit seien gemäss Martin Stoll allerdings Fälle aufgetreten, in denen es zu Brüchen dieses Abkommens kam, wobei bemerkenswerterweise auch das VBS involviert war. «Solche Vorfälle untergraben nicht nur das Vertrauen zwischen Journalisten und staatlichen Stellen, sondern beeinträchtigen auch die Integrität des Informationsprozesses und die Bedeutung einer unabhängigen Presse in einer demokratischen Gesellschaft.»

Die Möglichkeit für Medienschaffende, eine Verlängerung der Karenzfrist zu beantragen, bezeichnet Stoll als «nette Geste». Notwendig sei stattdessen eine klare Regelung, die gewährleistet, dass Behörden keine Dokumente freigeben dürfen, bevor entweder die Medien darauf basierende Berichte veröffentlicht haben oder eine explizite Freigabe der Medienschaffenden vorliegt.