Wer das Interview mit dem NZZ-Verwaltungsratspräsidenten Etienne Jornod (62) in der «SonntagsZeitung» liest, der wird das Gefühl nicht los, dass er selbst schon von seiner Abwahl an der nächsten Generalversammlung vom 11. April überzeugt ist. «Sollte ich nicht wiedergewählt werden, würde ich das akzeptieren», lautet seine abschliessende Antwort, nachdem der stark unter Beschuss geratene VR-Präsident während der vorherigen Fragen krampfhaft versuchte, nach dem Motto «Wir haben die nötige Zeit, Geduld und Durchsetzungskraft - und auch das Geld» eine Art Quasi-Erfolgsbilanz zu ziehen.
Gemäss der Zeitung musste die NZZ-Gruppe auf ihrer Druckerei im zürcherischen Schlieren eine massive Wertberichtigung vornehmen, weshalb das abgelaufene Geschäftsjahr mit einem Verlust schliesst. Jornod macht im Interview keine konkrete Aussage, windet sich im Angesicht offenbar tiefroter Zahlen der Betriebsanlage mit pseudo-optimistischen Aussagen wie «Der finale Entscheid ist noch nicht gefallen» oder mit pauschalen Statements wie «Wir handeln, bevor sich die Probleme verschärfen».
Auch das Finden eines neuen NZZ-Chefredaktors wurde zum Top-Flop. Die Prüfung von Markus Somm sei Jornod aus FDP-Kreisen empfohlen worden, aber «es gab unsererseits und seinerseits mehrere Kriterien, die nicht erfüllt waren. Darauf kann und will ich nicht weiter eingehen», schwurbelte er, der sich gerne als «unternehmerisch denkender Wirtschaftsführer» darstellt.
Die Gerüchteküche brachte die Redaktionen der «Neuen Zürcher Zeitung» und der «NZZ am Sonntag» zum Brodeln (O-Ton Jornod: «Bei der NZZ ticken wir eben anders»), sodass sich Jornod, der erst seit vier Jahren für das Unternehmen arbeitet, noch im Vorfeld entschuldigen musste, Somm überhaupt in die Evaluation miteinbezogen zu haben.
Aller Trubel zum Trotz will sich Jornod einer Wiederwahl stellen, er verstehe dies als Vertrauensfrage. Wie er denn an der Generalversammlung vom 11. April, wo ihm ein «eisiger Wind entgegenwehen werde», so die Zeitung, das Vertrauen der Aktionäre zurückgewinnen wolle? «Indem ich Transparenz schaffe, die Fakten auf den Tisch lege und unsere langfristige Strategie erläutere. Aber auch, indem ich Ihnen von der Konkurrenz ein Interview gewähre.»
Gewähren?, fragt sich da der Klein Report. Ein den Aktionären und den Mitarbeitenden verpflichteter Manager «gewährt» keine Interviews. Er hat sie zu geben und zwar nicht in den eigenen Hausmedien, mit Angestellten, die sich mit scharfen Fragen umgehend selber in die Arbeitslosigkeit schreiben könnten. Eine Frage des Stils.
Etienne Jornod ist ein geselliger Mensch, unverbindlich und immer bemüht, heitere Stimmung zu verbreiten. Für das Pharmaunternehmen Galenica hat er als Manager unbestritten über die Jahre Einiges erreicht. Seine 16 Millionen Franken, die sich der «unternehmerisch denkende Wirtschaftsführer» aber am Ende auszahlen liess, sind bei Zürcher Unternehmern gar nicht gut angekommen. Aber wirklich gar nicht gut. Deshalb «gewährt» der branchenfremde Manager nur Interviews, in denen das nicht angesprochen wird. Geht gar nicht für den Klein Report.
Ebenso wurde in dem gut geführten Interview von Victor Weber und «SonntagsZeitung»-Chefredaktor Arthur Rutishauser der Zürcher Rotary Club ausgespart. Der Klein Report hat diese Netzwerkverbindung vor ein paar Monaten als erstes Medium publik gemacht und auf einige klare Ungereimtheiten hingewiesen, die dann auch an der letzten NZZ-Generalversammlung auf der Traktandenliste standen. Aus diesem etwas lokalen Businessnetzwerk, das sich immer im Hotel Widder in Zürich trifft, schafften es 2013 etwas unerwartet drei Personen in den NZZ-Verwaltungsrat.
Neben der Marketingfachfrau Isabelle Welton (Zurich Versicherung) der Werber Dominique von Matt, der bereits Werbemandate für die NZZ zu der Zeit ausführte, und Christoph Schmid, der als Anwalt für die NZZ tätig ist und war. In dieser Sektion des Rotary Clubs sitzt auch Carolina Müller-Möhl, die aber bisher eher als Vertreterin eines grösseren Aktienpaketes der Zeitung und generell nur zögerlich in Erscheinung getreten ist.
Der Intrigantenstadel erhielt durch weitere Rotary-Club-Mitglieder wie den ehemaligen FDP-Politiker und Unternehmer Ulrich Bremi (86), der von 1988 bis 1999 den Verwaltungsrat der «Neuen Zürcher Zeitung» präsidierte, sowie Martin Meyer (63), Feuilletonchef der NZZ, unentwegt Nahrung.
Für die meisten dieser Personen ist ein Sitz im Verwaltungsrat der Neuen Zürcher Zeitung AG wie Weihnachten und Ostern zusammen. Nur: Das Medienunternehmen hat mehrere Modernisierungswellen verschlafen oder wieder rückgängig gemacht. Es verträgt nach dem Abgang des ehemaligen Chefredaktors Markus Spillmann durch Intrigen und Machtkämpfe kein Jota mehr an Missmanagement.