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Mittwoch
18.05.2016

Medien / Publizistik

Weder intern noch extern kommuniziert

Weder intern noch extern kommuniziert

Bei der «Neuen Zürcher Zeitung» tickten die Uhren schon immer anders. Und das seit Jahrzehnten. Lange galt die Devise: Bei der NZZ muss man sich weder überarbeiten, noch muss man um seinen Job bangen. Die Journalisten der NZZ galten intern wie extern als unantastbar. Und manch ein Journalist war neidisch auf die Kollegen an der Zürcher Falkenstrasse. Doch das war einmal.

Seit vor knapp drei Jahren der Österreicher Veit Dengler (Ex-Procter & Gamble, McKinsey, T-Mobile, Dell, Groupon) das Ruder als CEO bei der NZZ übernommen hat, pfeift ein spürbar kälterer Wind durch die Gänge des Medienhauses. Beim Feierabendbier ist die Angst um den Job das vorherrschende Thema. Die Stimmung ist denkbar schlecht. Wer kann, verlässt das Unternehmen und sucht sich bei der Konkurrenz oder in der Verwaltung einen neuen Job.

Eine erste Kündigungswelle gab es bereits im letzten Sommer, als sieben Kündigungen ausgesprochen wurden. Die hätte man bei der NZZ liebend gerne unter den Teppich gekehrt, doch weil die Konkurrenz bereits darüber schrieb, musste die Chefredaktion die Flucht nach vorne antreten und die Kündigungen bestätigen.

Ausser vom Klein Report vereinzelt angedeutet, kam es auch im letzten halben Jahr zu verschiedenen Abgängen bei der «alten Tante». Auch das versuchte das NZZ-Management ohne Öffentlichkeit über die Bühne zu bringen. Nach neusten Recherchen des Klein Reports haben mindestens sieben Redaktoren und Redaktorinnen die NZZ verlassen. Alle Namen sind dem Klein Report bekannt.

Während die ersten Abgänge öffentlich wurden, hält sich die NZZ bei den letzten - freiwilligen und unfreiwilligen - Abgängen auffällig bedeckt. Sie wurden nicht kommuniziert, weder intern noch extern. «Man möchte anscheinend auf keinen Fall mit negativen Schlagzeilen auffallen», erklärt ein langjähriger Redaktor des Hauses auf Anfrage des Klein Reports.

So wurde auch der Rauswurf eines langjährigen Mitglieds der Redaktion nicht kommuniziert. «Wir waren alle geschockt, als wir von der Kündigung erfahren haben», so eine Redaktorin gegenüber dem Klein Report. «Gerade beim betroffenen Kollegen ist es doppelt hart. Er hat mehr als 20 Jahre bei der NZZ gearbeitet und ist knapp 50. Wir wissen alle, dass es in diesem Alter sehr schwer wird, noch eine passende Stelle zu finden.»

Die Art und Weise, wie dem Kollegen gekündigt wurde, fanden die NZZ-Journalisten «so stillos, dass wir spontan eine Unterschriftenkampagne lanciert und sie der Chefredaktion vorgelegt haben», erläuterte der Insider den Vorgang. «Leider ohne Erfolg. Der Kollege musste gehen.»

Und so hat sich vor allem unter den älteren Mitarbeitern eine gewisse Resignation breit gemacht. «Wer über 55 ist, hofft, dass er noch bis zur Pensionierung bleiben darf», so ein langjähriger Redaktor. «Wer zwischen 30 und 40 ist, schaut sich nach einer neuen Stelle um. Und sucht auch nicht mehr unbedingt in der Medienbranche. Denn wir wissen ja alle, dass die goldenen Zeiten in der Branche längst vorbei sind und dass es nur noch Bach ab geht. Auch bei der NZZ», sagen die NZZ-ler im Gespräch mit dem Klein Report.