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Sonntag
29.10.2023

Medien / Publizistik

«Pulverisiert» analysiert das Blatt...

«Pulverisiert» analysiert das Blatt...

Auch in ihrem 234. Jahr seit der Gründung besteht die «Neue Zürcher Zeitung» darauf, dass sich nur FDP-Mitglieder in ihr Aktienregister eintragen dürfen. «Oder weitere natürliche Personen, die sich zur freisinnig-demokratischen Grundhaltung bekennen», wie sie in ihren Statuten festhält. Man darf dann aber nicht Mitglied einer anderen Partei sein.

In ihrer Nachlese zu den Eidgenössischen Wahlen ist von dieser Zweisamkeit dann aber wenig zu spüren. «Wo sind all die Liberalen hin?», fragt das Blatt. Die Antwort darauf ist so traurig wie das Lied von Marlene Dietrich: Schon wieder habe die FDP die Wahlen verloren, schreiben Alan Cassidy und Ladina Triaca.

Nichts scheint den Niedergang der früheren Staatspartei zu verhindern. Das liberale Sonntagsblatt sieht die Probleme im Personal, im Programm und in der Nähe zur SVP.

«Pulverisiert» sei die Partei zum Beispiel im Kanton Bern, wo sie einen ihrer beiden Sitze im Nationalrat verloren habe. Hoffnung gebe es im zweitgrössten Kanton der Schweiz nicht. «Talentierter Nachwuchs in den eigenen Reihen, politische Hoffnungsträger: nicht in Sicht.»

Der Liberalismus generell sei am Limit, so die «NZZ am Sonntag». Das Grundvertrauen in den Markt habe gelitten. Heute sehnen sich die Bewohnerinnen und Bewohner nach einem starken Staat, der sie vor Kriegen, Pandemien und Finanzkrisen schütze. Der Ruf nach Eigenverantwortung hat es da schwer.

Die kantonalen Koalitionen mit der SVP hätten der Partei eher geschadet, so die «NZZ am Sonntag». Und sie zitiert den früheren Parteichef Franz Steinegger, der noch versuchte, sich von der Blocherpartei abzugrenzen: «Blochers Stil erinnert zunehmend an die Nazi-Sprache». Vom aktuellen Parteichef, Thierry Burkart, wäre ein solches Zitat undenkbar.

Auch das korrigierte Ergebnis des Bundesamts für Statistik vermag die Autoren nicht gnädiger zu stimmen. Sie sorgen sich: «Ist das heute der Plafonds für eine liberale Partei? 10 bis 15 Prozent Wähleranteil (…).»

Das Sonntagsblatt sieht keinen Ausweg aus ihrer beschriebenen Misere. Zurück zur «liberalen Mitte» bedinge zuerst eine Grundsatzdiskussion: Wofür steht die FDP heute? Und oppositionelle Parteipolitik mit Initiativen und Referenden? Die «NZZ am Sonntag» zweifelt am Erfolg.

Nächste Woche übernimmt übrigens der neue Chefredaktor Beat Balzli das Ruder bei der «NZZ am Sonntag». Fraglich, ob diese schonungslose Analyse auch unter ihm erschienen wäre.