Bruno Ziauddin beerbt Finn Canonica an der Redaktionsspitze des «Magazins» aus dem Hause Tamedia.
Der Klein Report sprach mit dem neuen Chefredaktor über schlanke Teams, flache Hierarchien und den «gewissenhaften Dilettantismus», ohne den es kein «Tagi-Magi» gäbe.
Nach sechseinhalb Jahren als stellvertretender Chefredaktor übernehmen Sie nun die CR des «Magazins». Was wird sich konkret ändern in Ihrem Arbeitsalltag?
Bruno Ziauddin: «Wenn ich das wüsste! Wir sind ein kleines Team, und es war schon bisher intensiv, vielleicht nimmt die Arbeitslast nochmals etwas zu. Aber ich will mich nicht beklagen. Beim ‚Magazin‘ arbeiten zu dürfen, ist der beste Job in der Medienbranche, den ich mir vorstellen kann.»
Wie gross ist denn die «Magazin»-Redaktion?
Ziauddin: «Wir sind ein kleines Kernteam, das sich um die redaktionelle Arbeit kümmert. Hinzu kommen ein paar feste Mitarbeiterinnen und Reporter. Bis auf den Chefredaktor arbeiten alle Teilzeit. Wir sind also ein schlankes Team, wie man heute sagt, was sich auch daran zeigt, dass unsere Grafikabteilung aus einer einzigen Person besteht (dem AD Nathan Aebi) – absolut ungewöhnlich für eine Wochenendbeilage.»
Was haben Sie vor mit dem «Magazin»? Steht jetzt die grosse Metamorphose vor der Tür?
Bruno Ziauddin: «Eine grundsätzliche Neuausrichtung ist nicht vorgesehen, schliesslich habe ich das Heft, so wie es sich in den letzten Jahren unter Finn Canonica erfolgreich entwickelt hat, mitgestaltet und mitverantwortet. Wie andere Printtitel auch befassen wir uns mit der Frage, wie der Transfer unserer journalistischen Inhalte in die digitale Welt gelingen kann.»
Wie ist die Redaktion konkret organisiert?
Ziauddin: «Mittwoch Themenkonferenz mit anschliessendem Lunch; Donnerstag und Freitag Produktion der grossen Geschichten und am Montag Abschluss der Ausgabe, die am darauffolgenden Samstag erscheint. Wir sind eine Gruppe von Generalistinnen und Generalisten, die Hierarchien sind flach, bei der eigentlichen Heftproduktion etwa wechseln wir uns ab.»
Was ist für Sie persönlich das Sine-qua-non des «Magazins»?
Bruno Ziauddin: «Herausragender Longform-Journalismus, unverwechselbare Kolumnistinnen und Kolumnisten, keine Pflichtstoffe, aber trotzdem relevant. Unser Anspruch: Geschichten, die über die Woche hinaus Bestand haben.»
Wo sehen Sie Luft nach oben?
Ziauddin: «1. mehr Autorinnen, 2. den Brand sowie das ‚Magazin‘-Gefühl stärker in der digitalen Sphäre verankern.»
Welchen Ort nimmt das «Magazin» aus Ihrer Sicht im Gefüge des Schweizer Mediensystems ein?
Bruno Ziauddin: «Es ist einmalig. Die meisten grossen Schweizer Journalistinnen und Journalisten haben irgendwann für das ‚Magazin‘ gearbeitet – von Laure Wyss über Niklaus Meienberg zu Erwin Koch bis zu den exzellenten Kolumnistinnen und Reportern der neueren Zeit. Und wir werden von sehr vielen Menschen gelesen – auch unsere Printzahlen sind vergleichsweise erstaunlich stabil. Was wir schreiben, hat Wirkung und muss darum gut sein.»
Nach Ihrem Wechsel von der «Annabelle» in die Selbständigkeit sagten Sie 2014 gegenüber dem Klein Report einmal, dass Sie sich als Reporter dem «gewissenhaften Dilettantismus» verpflichtet fühlen. Was ist aus diesem Leitbild geworden?
Ziauddin: «Ha! Ob ich das damals irgendwo abgeschrieben habe? Im Kern trifft es immer noch zu. Wie gesagt, beim ‚Magazin‘ arbeiten fast nur Generalistinnen und Generalisten ohne langjährige Dossierkenntnisse in einem bestimmten Gebiet. Darum müssen wir uns immer ganz neu auf Themen einlassen. Das erfordert eine grosse Offenheit, Transparenz und Demut. Die Pose von Allwissenden steht uns nicht gut an.»