Die Credit Suisse krachte mit Getöse zusammen. Die Ukraine brennt noch immer. Nur das stolz auf dem riesigen feuchten Holzstapel thronende Zürcher Symbol des traditionellen Sechseläutens mochte nicht mitspielen und zickte sich zu einem neuen Rekord. Ein Team des Klein Reports hat sich an den Scheiterhaufen gewagt.
Die Menge wurde langsam ungeduldig. Gesichter von Alt und Jung drückten sich an den Zaun, der das Gelände rund um den Böögg – wie erstmals vor einem Jahr – einzäunte.
Während die Reiter der Zünfte weiter um den lange Zeit nur dicken dunklen Rauch spuckenden nassen Holzberg mit dem legendären Schneemann an der Spitze ritten, waren die letzten Wettenden auf die Zeit der Explosion längst desillusioniert.
Nach 46 Minuten war der alte Rekord gebrochen, die unruhige Menge musste aber weitere elf Minuten warten. 56 Minuten und 56 Sekunden dauerte es, bis der Böögg dann doch noch explodierte. Wie beim Untergang der Titanic spielte die «Musi» bis zum Schluss. Dieser Rekord wird wohl einige Jahre überdauern.
Die Zürcher Elite sei nur noch ein Schatten ihrer selbst, titelte Journalist Peter Hossli im «Blick» am Tag des Sechseläutens. Für die «Zäufter», wie man die Mitglieder der verschiedenen Zürcher Zünfte im Dialekt nennt, war der Traditionsanlass wie stets ebenso ein Riesenfest wie für die dicht gedrängten Zuschauerreihen an den Strassenrändern und die Menschen rund ums Festgelände vor dem Opernhaus am Bellevue.
«Wir werden eingesperrt, die Zuschauer ausgesperrt», feixten gegenüber dem Klein Report zwei ältere Zunftherren, die es sich in der «Schiller Bar» bei einem Bierli bequem gemacht hatten, über den straffen und hohen Zaun rund ums Gelände.
Unter den Zünftern war unter anderem auch die Veranstalter-Legende Albi Matter. Das Urgestein aus der Musikbranche sass mit seinen Zunftbrüdern lange vor dem Zürcher Conti, wo sich die Herrschaften vor und nach dem Umzug ausruhten.
Für 20 Franken Eintritt konnten Fans des Anlasses aufs Gelände und das Spektakel von einer extra aufgebauten Tribüne aus der Nähe betrachten. Alle Tickets waren freilich schon im Vorverkauf weg.
Bei der «Kapitalisten-Fasnacht», wie das Sechseläuten von Gegnern auch gerne niedergemacht wird, sind Prominente aller Couleur auf Einladung der Zünfte gerne dabei, dürfen den ganzen Weg des Umzuges mitlaufen und werden – wie die Zünfter – mit Blumen überhäuft.
«Die Leute freuten sich, mich zu sehen, und schwärmten von meinen erfolgreichen Rennen des Ski-Winters», strahlte Ski-Ass Wendy Holdener. Komiker Beat Schlatter habe am Vorabend eine Zunft-Rede gehalten, Christian «Jott» Jenny, Hans-Dampf-in-allen-Gassen, Tenor und Bürgermeister von St. Moritz bekannte, dass er auch wegen der Werbung für seinen Ort regelmässig beim Zunft-Anlass dabei sei.
Die neue Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider wurde bei der Kämbel-Zunft von den Leuten an der Strasse bejubelt. Nur Ueli Maurer hatte «kä Luscht», über die CS zu reden.
Die Kritiker hätten keine Ahnung vom Bankengeschäft, ätzte er beim Interview. Apropos: Unser aller TV SRF mit der souveränen Interviewerin Cornelia Bösch bekam einen schlechteren Sendeplatz zugewiesen als der Zürcher Lokal-Konkurrent Tele Züri, der von weiter oben herab senden durfte.