«Wem gehören meine Daten?» Viele Internetnutzer ärgern sich über die Intransparenz der Datenflüsse. Aber statt kundenfreundlicher zu werden, verstärken nun Firmen wie Tamedia und Coop ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). «Tatsache ist, dass niemand genau weiss, was mit unseren Daten überhaupt passiert», kritisiert Babette Sigg, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums (KF), im Gespräch mit dem Klein Report.
Der Medienkonzern Tamedia und die Detailhändlerin Coop tauschen nun in ihren eigenen Firmen sensible Kundendaten für Werbezwecke. Dies, um die Daten kommerzialisieren zu können.
Bereits in der «Zusammenfassung der neuen Datenschutzerklärung» von ricardo.ch, dem Online-Marktplatz von Tamedia, beginnt das Daten-Wirrwarr: «Die Datenschutzerklärung wurde innerhalb der Tamedia-Gruppe harmonisiert, um den internen Datenaustausch zu ermöglichen, damit wir unseren Kunden bessere Produkte und Dienstleistungen anbieten können.»
Auch Coop passte seine AGB an, um Daten innerhalb des Konzerns für Werbezwecke weitergeben zu können. Hier heisst es: «Die Daten des Kundenprofils können an Unternehmen der Coop-Gruppe zur Geschäftsabwicklung und für Werbezwecke weitergegeben werden.»
Die Konsumentenschützerin Sigg kritisiert: «Die datensensiblen Kunden nehmen die Datensammlungen eher verunsichert zur Kenntnis, andere (vor allem Digital Natives) sehen diese viel lockerer.» Weil AGB aber grundsätzlich mühsam zu lesen seien, nehme sich kaum jemand die Mühe, die Texte wirklich anzuschauen.
Sigg bemängelt zudem die schwierige Verständlichkeit der Datenschutzerklärungen: «Die Sprache der AGB hat den Charme von Beipackzetteln. Die Substantivierung der Verben `verbeamtet` die Sprache und behindert das Leseverständnis», sagte sie gegenüber dem Klein Report.
Für kritische Kunden, welche die neuen Regelungen durchlesen, sind die Optionen, also die Ausstiegsmöglichkeiten, trotzdem begrenzt. Denn wer die angepassten Geschäftsbedingungen nicht akzeptiert, dem wird «das Konto deaktiviert», wie es bei ricardo.ch heisst. Auch Coop droht: «Der Zugang zu den Supercard Services, die über digitale Kanäle angeboten werden, sowie das Profitieren von kundenspezifischen Angeboten ist nur mit Zustimmung zu den künftigen AGB möglich.»
Babette Sigg beurteilt diese Änderungen insgesamt differenziert: «Wenn wir es positiv beurteilen, müssen wir sagen: Die Kunden wurden rechtzeitig informiert», sagt die Präsidentin des Konsumentenforums, kritisiert aber gleichzeitig: «Das Vorgehen von Ricardo ist an sich richtig, nur gibt es keine echte Wahlmöglichkeit: Vogel, friss oder stirb - will heissen: bei Ricardo dabei sein, und dies zu ihren neuen Bedingungen, oder eben aussen vor bleiben.»
Der Zwang zur kompletten Annahme der neuen Bestimmungen müsse aber gar nicht sein, meint Sigg abschliessend: «Warum kein mehrstufiges System anbieten, bei welchem der Konsument selber wählen kann, wieviel Transparenz er zulassen will? Und zwar ohne Sanktionen, falls sich der Nutzer für den höheren Schutz entscheidet.»