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Donnerstag
02.11.2023

Medien / Publizistik

Die Forscher rümpfen die Nase über nau.ch; bei den Leserinnen und Leser kommen die News anscheinend gut an...

Die Forscher rümpfen die Nase über nau.ch; bei den Leserinnen und Leser kommen die News anscheinend gut an...

Achtung, wer den «SonntagsBlick» liest, hält das qualitativ schlechteste Printprodukt der Deutschschweiz in den Händen. Und wer auf nau.ch surft, tut dies auf der schlechtesten Onlineseite.

Dieser Befund stammt vom fög, dem Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft, eine Forschungseinrichtung der Uni Zürich.

Wie jedes Jahr stellt sie ihr «Jahrbuch Qualität der Medien» vor. 186 Seiten umfasst der Wälzer. Die Testresultate für nau.ch und den «SonntagsBlick» sind auf Seite 126. Es wurden Fernsehproduktionen, Tages- und Wochenzeitschriften und ausgewählte Online-Portale miteinander verglichen. Insgesamt wurden 19 verschiedene Medien untersucht, also nicht alle der Schweiz.

Diese Testanordnung macht gleich viel Sinn wie ein Vergleich zwischen Joghurt, Rösti und Schnitzel: Was schmeckt am besten?

Warum schneidet nau.ch so schlecht ab? Nun, das hat unter anderem mit den redaktionellen Eigenleistungen zu tun. Linards Udris vom fög schreibt auf Anfragen des Klein Reports: «Weil nau.ch nach unserer Messung einen recht geringen Anteil an Eigenleistungen hat (…), schneidet nau.ch bei der Dimension Professionalität (…) schlechter ab als andere Medien.»

Tatsächlich, das Onlinemedium verarbeitet gegen 400 Artikel pro Tag, etwa 30 davon sind Eigenleistungen der kleinen Redaktion. Die anderen Artikel sind Agenturmeldungen, SEO-Texte und externe Partnerartikel im frisch lancierten Lokal-Bereich: Das fög vergleicht also möglicherweise die Mitteilung eines Gemeindeangestellten aus Köniz mit der eines Bundeshauskorrespondenten von der «Neuen Zürcher Zeitung».

Interessant wäre darum eine Analyse, welche Artikel das fög genau untersucht hat. Man sei noch dran, heisst es, den Gesamtdatensatz öffentlich zur Verfügung zu stellen, heisst es gegenüber dem Klein Report. Eine Studie vorzustellen und den Datensatz nicht gleichzeitig mitzuliefern; dieser Qualitätsanspruch ist zumindest diskutabel.

Wie kommt nun aber der letzte Platz bei Micha Zbinden an, dem publizistischen Leiter von nau.ch? «Im letzten Jahr haben uns mehrere Schweizer Unis auf den zweiten Qualitätsplatz in der Kategorie Boulevard gewählt, vor 'Blick' und '20 Minuten'. Hier schneiden wir jetzt als Gratisportal etwa so ab wie der 'SonntagsBlick', ein Paid-Print-Sonntagstitel. Gewonnen hat ein Radio. Man vergleicht also Äpfel mit Birnen und es sind ungleiche Duelle. Das ist schlicht nicht mehr zeitgemäss. Wir schreiben bewusst in einfacher Sprache, damit wir Herr und Frau Schweizerin verständlich erreichen. Das dies gelingt, zeigen nach nur sechs Jahren unsere fast vier Millionen Leserinnen und Leser.»