Der Nationalrat gibt dem Nachrichtendienst mehr Überwachungsmöglichkeiten an die Hand. Mit 119 gegen 65 Stimmen stimmte die grosse Kammer den neuen Paragraphen zu. In Zukunft darf der Nachrichtendienst unter gewissen Bedingungen Telefone abhören, Zimmer verwanzen und in Computer eindringen. Vor allem bei den Grünen stiess die Vorlage auf Widerstand.
«Was steht hier infrage? Unser kostbarstes Gut, die persönliche Freiheit», sagte der Zürcher Nationalrat Daniel Vischer im Namen der Grünen-Fraktion zu Beginn der Debatte. «Erstmals seit dem Fichenskandal, erstmals seit 1989, wird nun in neuer Qualität ein Überwachungssystem installiert, das damals in den Neunzigerjahren nicht mehr für möglich gehalten wurde.» Nur wenn in grosser Zahl Daten abgeschöpft würden, könnte das etwas bringen - dann wäre die Überwachung aber unverhältnismässig. Die Befugnisse des Nachrichtendienstes würden ohne Notwendigkeit ausgeweitet, mahnte Vischer seine Ratskollegen.
Um private Räume zu verwanzen oder Computer zu hacken, muss der Nachrichtendienst die Zustimmung eines Bundesverwaltungsrichters und des Verteidigungsministers einholen. Anträge für ein ausgebautes Bewilligungsverfahren mit einer zusätzlichen dritten Instanz lehnte der Nationalrat ab. Daniel Vischer bezeichnete das geplante Bewilligungsprozedere als «Alibi».
«Freiheit existiert nur dann, wenn der Staat, der die Freiheit offeriert, auch für die Sicherheit der Bürger sorgt», hielt Bundesrat Ueli Maurer entgegen. Es gehe bloss um «zehn bis zwölf Fälle» pro Jahr. Diejenigen Parlamentarier, die die Ausdehnung der Informationsbeschaffung des Geheimdienstes kritisierten, würden «aus einer Mücke einen Elefanten» machen, versuchte Maurer die Ratsminderheit zu beschwichtigen. Für BDP-Nationalrat Heinz Siegenthalter war klar, dass «ein systematisches Ausspionieren der Bevölkerung auch mit diesem Gesetz nicht möglich ist - und schon gar nicht gewollt».
Etwas zurückhaltender als die Grünen argumentierten SP und GLP. Sie kritisierten, dass der Nachrichtendienst Daten auf gehackten Computern manipulieren dürfe. Mit dem Eindringen in PCs waren sie aber mehrheitlich einverstanden.
Die erweiterten Überwachungskompetenzen wurden schliesslich ohne Einschränkungen gutgeheissen. Die Gesetzesvorlage geht jetzt an die kleine Kammer. Wird das Gesetz nicht deutlich überarbeitet, überlegen sich die Grünen, das Referendum einzureichen.