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Donnerstag
02.11.2023

TV / Radio

Während die einen die Berichterstattung als israelfeindlich kritisieren, halten sie die anderen für zu israelfreundlich...        (Bild Screenshot SRF Tagesschau)

Während die einen die Berichterstattung als israelfeindlich kritisieren, halten sie die anderen für zu israelfreundlich... (Bild Screenshot SRF Tagesschau)

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel landeten 40 Beanstandungen bei der Ombudsstelle des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF). Fast alle kritisieren die Nahost-Berichterstattung von SRF als einseitig. 

Diese Kritik kommt dabei von beiden Seiten: Während die einen die Berichterstattung als israelfeindlich kritisieren, halten sie die anderen für zu israelfreundlich.

Zwei Beispiele: Ein Radiohörer kritisierte die Sendung «Heute Morgen» vom 9. Oktober. Der Bericht drehte sich um die andauernden Kämpfe in Israel und im Gazastreifen am zweiten Tag nach der Hamas-Attacke.

Der Hörer störte sich an der Formulierung von Auslandredaktorin Susanne Brunner, dass auch Israel mindestens 40 Hamas-Kämpfer «als Geiseln» halte.

«Die Gleichsetzung der Gräueltaten der Hamas mit der während Kampfhandlungern festgenommenen Terroristen durch die IDF (Israel Defence Forces, Anm. d. Red.) auf israelischem Boden ist der Gipfel des Zynismus, für das Susanne Brunner selbst zur Rechenschaft gezogen werden sollte», heisst es in dem Beanstandungsschreiben.

Darauf wies auch die Redaktion des Klein Reports die Ombudsfrau Esther Girsberger mehrfach hin. Der Klein Report schrieb dazu: «In der Sache hatte der Beanstander nicht unrecht, aber die Tonlage war – wie häufig bei Beanstandungen – vielleicht etwas zu schrill und alarmistisch. Für Susanne Brunner ging die Sache glimpflich aus. Ombudsfrau Esther Girsberger verteidigte sie, wie es sich wohl viele Journalistinnen und Journalisten wünschten, wenn sie einen Fehler begangen haben.»

Erstens müsse man den Beitrag von Brunner im Kontext sehen, erklärte Girsberger gegenüber dem Autor Beni Frenkel, zweitens arbeite Brunner Tag und Nacht. Und drittens bedauere Brunner selber den Fehler.

In ihrer Stellungnahme vom 1. November sagen die beiden Ombudsleute nun, dass Susanne Brunner im kritisierten Beitrag deutlich mache, dass der Terror in israelischen Städten unvermindert weitergehe. Sie berichte auch von dem Massaker am Musikfestival und den Dutzenden entführter und als Geiseln genommenen Israelis.

Und auch in anderen Berichten verharmlose Susanne Brunner «nicht im Geringsten», schreiben die Ombudsleute in der am Dienstag publizierten Stellungnahme. So habe sie in ihren Einschätzungen mehrfach deutlich gemacht, dass es sich bei den Bewaffneten um «Terroristen mit Motorrädern» handelt. 

Und sie bezeichnet ausserdem – anders als die offizielle Schweiz – die radikal-islamische Hamas als «Terrororganisation» und die palästinensische Führung als «korrupte, autoritäre Machtelite, die längst nicht mehr demokratisch legitimiert» sei.

Die durch die israelischen Streitkräfte festgenommenen Hamas-Kämpfer als «Geiseln» statt als «Gefangene» zu bezeichnen, ist zwar auch in den Augen der Ombudsleute ein Fehler. «Dennoch kann aus der Gesamtheit des Berichts nicht von einer ‚Gleichsetzung der Gräueltaten‘ geschlossen werden», so die Ombudsleute.

Genau in die entgegengesetzte Richtung zielt eine andere Beanstandung. Die Userin trägt dick auf: «Die ganze Berichterstattung von SRF ist sehr pro israelisch. Es fehlt die legitime Kritik des SRF an dem Vorgehen von Israel, es fehlt die Kritik, dass die israelische Armee die Menschenrechte verletzt, dass Israel Kinder vertreibt und Tausende von toten Zivilisten in Kauf nimmt.»

Als Beispiel nennt die Beanstanderin unter anderem «SRF 4 News aktuell» vom 12. Oktober. Darin ging SRF der Frage nach, wie Israel derart überrascht werden konnte. Die eigentliche Frage sollte hingegen lauten, wie es zu einem solchen Frust bei den Palästinensern und zu so einer Eskalation habe kommen können, findet die Beanstanderin.

Weiter nennt sie den SRF-News-Artikel vom 13. Oktober. Darin geht es um die Aufforderung des israelischen Militärs an die Bewohnerinnen und Bewohner von Gaza City, den Norden des Gazastreifens zu verlassen. 

Die Beanstanderin kritisiert, es fehle die legitime Kritik von SRF am Vorgehen Israels. Es fehle auch die Kritik, dass Israel Kinder vertreibe und Tausende von toten Zivilisten in Kauf nehme.

Dem halten die Ombudsleute entgegen, dass SRF immer wieder thematisiere, dass es bei den Fluchtbewegungen der Bevölkerung im Gazastreifen zu einer humanitären Katastrophe komme. 

Und auch die Frage, wie Israel derart hat überrascht werden können, ist in den Augen der Ombudsleute eine legitime Frage zu Beginn der Hamas-Attacke. Der Schock bei der Bevölkerung Israels sitze tief und es frage sich jedermann, wie ein solcher Terrorakt das Land so unvorbereitet habe treffen können.

Und erste Einordnungen habe SRF auch bald nach der Terrorattacke nachgeliefert, unter anderem im «Club» vom 17. Oktober.

«Seit dem Ausbruch am 7. Oktober stellt die Ombudsstelle fest, dass die SRF-Berichterstattung je nachdem, ob man dem Pro-Israel- oder dem Pro-Palästinenser-Lager nahesteht, subjektiv wahrgenommen wird. Bei objektiver Betrachtung allerdings verhält sich SRF sachgerecht, indem es wahrheitsgetreu darüber berichtet, was Sache ist. Das Ausmass der Katastrophe ist unvorstellbar. Auf beiden Seiten ist das Leid entsetzlich. Über die Hintergründe berichtet SRF sachlich und auf Objektivität bedacht», so das Fazit der Ombudsleute.