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Dienstag
12.09.2023

Medien / Publizistik

Qualitätsjournalismus Adieu: Die NZZ publiziert einen PR-Artikel für die Volksrepublik China ohne Kontexte und eins zu eins. (Screenshot KR)

Qualitätsjournalismus Adieu: Die NZZ publiziert einen PR-Artikel für die Volksrepublik China ohne Kontexte und eins zu eins. (Screenshot KR)

Wenn auffällig prochinesische Artikel in westlichen Medien auftauchen, lohnt es sich, den Kontext, die Autoren sowie die Quellen besonders gut zu untersuchen. 

Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) publiziert am Montag einen erstaunlichen Artikel, einen Gastkommentar, der direkt aus der Werbemaschine von Xi Jinping stammen könnte.

«Nach der erfolgreichen Kampagne gegen Terrorismus und Islamismus könnten sich nach dem Willen Pekings die Verhältnisse in Xinjiang wieder normalisieren.»

Die Autoren des Artikels bedauern die Einseitigkeit der Darstellung der Verhältnisse in Xinjiang in den westlichen Medien. Die Region sei über sechs Jahre, von 2010 bis 2016, von islamistischem Terror drangsaliert worden, sodass sich «Peking gezwungen» sah, «mit zweifellos überharten Massnahmen zu reagieren, um dem Terror Einhalt zu bieten und die Lage wieder in den Griff zu bekommen».

Steht wirklich so, wortwörtlich in der NZZ. Der Klein Report erinnert an den Bericht der deutschen «Tagesschau» vor einem Jahr: «Bilder des Grauens». Dank dem Leak «Xinjiang Police Files» wissen wir in Bild, Ton und Schrift von den «staatlichen Umerziehungslagern in China». 

Die Serie zeigt unter anderem Folter und KZ-ähnliche Verwahrungsräume. Laut Menschenrechtsorganisationen und Expertinnen werden in der Autonomieregion Xinjiang über eine Million Uiguren in Lagern festgehalten. Uiguren dürfen ihre Sprache, ihre Traditionen, ihre Kultur nicht nur nicht ausüben: Alles steht unter maximalem Hochverrat und unglaublichen Strafen. Für das Studium religiöser Schriften wurde eine Person laut Tagesschau zu 34 Jahren Gefängnis eingekerkert.

Doch in der NZZ beschreiben die zwei Verfasser des PR-Artikels, wie sie auf «Eigeninitiative» hin vor Ort in China reisten, um die Situation «einzuschätzen». Sie berichten – ohne zu betonen, dass dies subjektiv und ohne empirische Substanz ist – wie die «uigurische Bevölkerung» mit «Sympathie» auf die von der Zentralregierung «angestossenen Modernisierungen in Sachen Bildung, medizinische Versorgung und Arbeit» reagiere. 

In diesem Ton geht der Artikel weiter und der Klein Report ist erstaunt, dass bei der NZZ ein derartiger Werbebeitrag für eine ausländische Macht ohne Kennzeichnung, ohne Kasten, ohne Quellenberichtigung oder Einholen von anderen Quellen publiziert wird. 

Zumal der letzte Satz eindeutig an die EU gerichtet ist und ein Aufruf für Appeasement beinhaltet: «Wenn sich die Menschenrechtslage weiter nachweisbar normalisiert, sollte die EU den Dialog aufnehmen und die wegen Xinjiang gegen China verhängten Sanktionen überdenken.»

Qualitätsjournalismus sieht ganz anders aus.