Das Lobbying der Medienverbände und der Aufschrei von Online-Verlegern hat Wirkung gezeigt: Der Nationalrat will die Förderung von klassischen Print- und neuen Onlinemedien gemeinsam angehen.
Am Donnerstag hat der Nationalrat eine Teilung der Vorlage mit 109 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung knapp abgelehnt.
Der Verband Medien mit Zukunft (VMZ) ist erfreut, dass der Nationalrat das Massnahmenpaket zur Medienförderung an die Kommission zurückgewiesen hat. Mit diesem vernünftigen Entscheid können in Zukunft nicht nur gedruckte Medien, sondern auch Online-Medien gefördert werden.
Dieser Antrag der Kommissionsminderheit hat sich mit Stimmen von SP, Grünen, GLP und einer Mehrheit der Mitte-Fraktion durchgesetzt. Sie sind der Ansicht, dass sich die Medienförderung stärker an der wachsenden digitalen Mediennutzung ausrichten soll.
Für eine separate Behandlung der Print- und Onlineförderung haben sich SVP und FDP eingesetzt. Diese beiden Parteien brachten Zweifel ins Spiel, dass die vorgesehene Förderung von Onlinemedien verfassungskonform ist.
Andere Bedenken formulierte im Nationalrat Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/Genf): «Wir zweifeln daran, dass eine Förderung für Onlinemedien auf anderem Weg vorangetrieben wird.» Vom Strukturwandel in der Branche seien alle Kanäle betroffen, also sollten auch alle Kanäle unterstützt werden.
«Eine Medienförderung im Jahr 2020, welche keine digitalen Medien berücksichtigt, wäre nicht zeitgemäss», sagte SP-Fraktionssprecher und Ex-Journalist Matthias Aebischer (SP/BE).
«Die vorgesehenen 30 Millionen Franken pro Jahr werden jedoch nicht reichen, die Online-Medien für den demokratischen Diskurs angemessen zu stärken. Für die Online-Förderung muss der gleiche Betrag wie für die Print-Förderung zur Verfügung stehen», schreibt der VMZ in einem Kommentar zum Entscheid im Nationalrat. Diese Gruppierung fordert seit drei Jahren einen jährlichen Betrag von 50 Millionen Franken.
Nach der Rückweisung an die Kommission behandelt der Nationalrat die Vorlage voraussichtlich in der Wintersession ein nächstes Mal. Frühestens im Frühling 2021 könnte das Medienpaket bereinigt werden, eine Inkraftsetzung ist somit frühestens per Anfang 2022 realistisch.
Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat sich in einem längeren Votum gegen eine Aufteilung der Massnahmen für Print und Online am Donnerstag ausgesprochen. Der Klein Report hat ein paar Passagen aus Sommarugas Rede herausgehoben:
«Das Massnahmenpaket des Bundesrates besteht aus drei Teilen. Der Ständerat hat diese Vorlage bereits beraten, und er hat diese Vorlage als Einheit angenommen, er hat sie nicht aufgeteilt. Ich bitte Sie, das bei Ihren Überlegungen in Bezug auf die zeitliche Fortsetzung auch einzubeziehen. Wenn Sie eine grundlegende Differenz zum Ständerat schaffen, indem Sie die Vorlage aufteilen, wie das Ihre Kommissionsmehrheit vorschlägt, dient das einer zeitlichen Beschleunigung dieser Vorlage sicher nicht.»
Und so sind die drei Pfeiler der Förderung vorgesehen:
Teil eins: Die Tages- und Wochenzeitungen werden via indirekte Presseförderung entlastet. Vorgesehen ist, dass es mehr Ermässigung gibt, auch für neue Titel. Das heisst reduzierte Postgebühren.
Der zweite Pfeiler sind die allgemeinen Fördermassnahmen im Radio- und Fernsehgesetz. Auch sie sollen ausgebaut werden.
SP-Medienministerin Sommaruga: «Das kommt insbesondere natürlich den Privat-Radios und -Fernsehen entgegen. Aber das, was wir Ihnen in diesem Gesetz vorschlagen, dient allen elektronischen Medien. Es geht zum Beispiel auch um Aus- und Weiterbildung oder auch um die Förderung von IT-Projekten für alle Medien, die sich im Netz bewegen. Das heisst, von diesen Massnahmen können auch die Gratismedien profitieren.»
Der dritte Pfeiler gilt der Unterstützung für die einheimischen Onlinemedien.
Sommaruga: «Es geht um die Medien, die heute ihre Angebote auch im Netz anbieten. Mit dieser neuen Förderung können wir den Medien bei der digitalen Transformation helfen. Wir sprechen hier nicht nur von sogenannten reinen Online-Medien, sondern auch von den Medien, die heute zum Beispiel eine Zeitung haben, die aber wissen, dass ihre jüngere Leserschaft diese Angebote auch im Netz lesen möchte und deshalb jetzt diese neuen Angebote aufbauen müssen. Das ist natürlich teuer und das ist vor allem für die mittleren, für die regionalen und lokalen Medien eine riesengrosse Herausforderung. Insbesondere für sie machen wir diesen dritten Pfeiler, weil es hier eben darum geht, diese Transformation zu unterstützen.»
Deshalb seien bei der Online-Förderung jetzt nicht nur reine Online-Angebote im Fokus, sondern auch diejenigen, die mit Kombi-Abonnementen bereits einen Online-Teil aufbauen und allenfalls auch dort neue Angebote entwickeln.
Sommaruga: «Es wurde gesagt, dass dieser dritte Pfeiler noch unausgereift sei, dass er kompliziert sei, dass niemand wisse, wie das funktioniere. Wir haben es eigentlich sehr klar aufgezeigt: Wir tun das analog zur indirekten Presseförderung. Wir haben die gleichen Kriterien. Wir sagen auch bei der Online-Förderung, bei diesem dritten Pfeiler, dass die Kriterien, die für die indirekte Presseförderung, also für die Zeitungen gelten - für die Papierzeitungen - auch im Online-Bereich gelten und dass es auch nur eine Unterstützung für diejenigen Publikationen gibt, die eben auch Publikumseinnahmen generieren, so wie wir das auch bei den Zeitungen geregelt haben. Letztlich findet die Unterstützung für diese Online-Medien analog zu den Zeitungen statt. Wir unterstützen den Transport von Inhalten - also die Frage, wie ich den Inhalt zur Leserin, zum Leser bringe -, der im Online-Bereich elektronisch erfolgt.»
Mit einem allgemeinen Rundblick fasste Sommaruga schliesslich zusammen: «Wir sind hier nicht in einer völlig neuen Situation, sondern dieser Strukturwandel zeichnet sich ab. Die Werbeeinnahmen bei den klassischen Medien brechen weg. Die Presse hat in den letzten zehn Jahren über die Hälfte ihrer Werbeumsätze verloren. Auch die Zahl der Zeitungsabonnemente ist drastisch zurückgegangen. Im digitalen Bereich, wenn man seine News auf dem Tablet liest, ist die Zahlungsbereitschaft der Leserinnen und Leser bis heute ungenügend. Da müssen wir in dieser Transformation auch eine Veränderung herbeirufen. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Die Mediennutzung verschiebt sich zunehmend in den Online-Bereich. Immer mehr Leute lesen also ihre Zeitung auf dem Tablet, und die Werbung wandert ins Internet ab - allerdings nicht zu den einheimischen Medien, sondern zu den ausländischen Konzernen wie Google und Facebook. Es ist daher für die einheimischen Medien in diesem digitalen Bereich ganz besonders schwierig.»