Beim Journalismustag 2016 an der Zürcher Fachhochschule in Winterthur wurden am Mittwoch in zahlreichen Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops aktuelle Themen von Medienschaffenden ausgeleuchtet.
Der Klein Report hat unter anderem das Panel zum Thema «Medien und Ethik» besucht. Als Einstimmung auf die Podiumsdiskussion wurde den zahlreichen Besuchern das Video «Din Job» von Heinz de Specht gezeigt, worin die Arbeit der «Blick»- und «Schweizer Illustrierten»-Journalisten beim Fall «Rupperswil» kritisiert wurde.
Natürlich waren sich alle einig: Diskussionsleiter Edgar Schuler, Ressortleiter vom «Tages-Anzeiger», Dominique von Burg, Präsident Schweizer Presserat, Arthur Rutishauser, Chefredaktor «Tages-Anzeiger» und «SonntagsZeitung», und Rena Zulauf, Medienanwältin. «Die Boulevardmedien verletzten, so wie im Fall Rupperswil, das Persönlichkeitsrecht von Betroffenen massiv. Bei der Jagd nach der nächsten Schlagzeile wurden ganz klar Grenzen überschritten und das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen immer wieder mit den Füssen getreten.»
Rena Zulauf hat in ihrer jahrelangen Arbeit als Medienanwältin festgestellt, «dass wir in etwa gleich viele Fälle haben, wie vor 20 Jahren». Aber sie zeigt auch auf, «dass die Medien bei der Suche nach Schlagzeilen immer verzweifelter werden. Gerade bei den Online-Medien, die für ihre Schnelligkeit bekannt sind, wird immer weniger lang recherchiert und auch die Quellen werden oft aus Zeitdruck nicht mehr doppelt geprüft.»
Wer sich falsch zitiert fühlt oder nicht will, dass über ihn in den Medien geschrieben wird, wendet sich an eine Medienanwältin wie Rena Zulauf oder an den Schweizer Presserat. Und man könnte meinen, dass gerade der Presserat mit Beschwerden zugeschüttet wird, heute, wo die Ethik im Journalismus doch so einen schweren Stand hat, wie viele Medienanwälte gerne behaupten.
Dominique von Burg wiegelt ab: «Es ist im Verlauf der Jahre nicht schlimmer geworden», so der Präsident des Presserats. «Was sich aber sicher geändert hat, ist die Tatsache, dass die Menschen empfindlicher geworden sind. Und so geht es bei den meisten Beschwerden, die wir erhalten, vor allem um den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen. Was aber sicher zugenommen hat, ist der Fakt, dass sich immer mehr Betroffene von einem Medienanwalt vertreten lassen.»
Last but not least plauderte auch Arthur Rutishauser aus dem Nähkästchen: «Es gibt heute deutlich mehr Anwälte, die sich auf Medienrecht spezialisiert haben als früher. Anscheinend ist das ein neues, lukratives Geschäftsmodell für viele Anwälte», so der Chefredaktor des «Tages-Anzeigers», der gleich noch einen drauf legte: «Medienanwälte erschweren die Arbeit des Journalisten massiv. Die Redaktionen werden mit Klagen eingedeckt, die sich dann wochenlang, ja manchmal sogar monatelang hinziehen und so auch sehr viel Energie und Zeit rauben. Und am Schluss endet alles mit einem Vergleich zwischen den Parteien.»
Natürlich konnte das Rena Zulauf nicht auf sich sitzen lassen und so geriet die Diskussion zwischen den Parteien immer mehr zum Streitgespräch zwischen Rutishauser, der die Arbeit der Journalisten natürlich vehement verteidigte, und Zulauf, die als Anwältin auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen pocht.
Fakt ist, dass Medienanwälte die Arbeit der Journalisten tatsächlich erschweren oder manchmal sogar verunmöglichen. Das erlebt auch der Klein Report in seiner täglichen Arbeit.
Rena Zulauf rief zum Dialog zwischen Journalisten und Medienanwälten auf. Keine schlechte Idee, doch schon bei der nächsten Beschwerde eines Betroffenen beim Presserat oder bei einem Medienanwalt wird sich zeigen, dass die Vorstellungen der Medien und der Betroffen halt sehr oft sehr weit auseinander liegen.
Und so bleibt von diesem Panel eigentlich nur eine Erkenntnis: Dass Medien und Ethik auch in Zukunft ein eher schwieriges Verhältnis zu einander haben werden.
Das Panel hat mit einer Kritik an den mitunter fragwürdigen Methoden der Boulevardmedien begonnen. Abschliessend ist zu sagen, dass es fair gewesen wäre, die Ringier-Journalisten zum Vorwurf des Voyeurismus im Fall Rupperswil anzuhören. Schade, dass sie nicht zum Panel eingeladen waren.